Sagenhafter Schatz: Landesmuseum stellt vor 20 Jahren gefundene 2650 Münzen erstmals ganz aus

Trier · Ein wahrhaft goldenes Jubiläum: Vor 20 Jahren wurde in Trier der größte Schatz mit Goldmünzen aus der römischen Kaiserzeit entdeckt. Nun präsentiert das Landesmuseum den spektakulären Fund erstmals nahezu komplett.

 „Deckel drauf“: Numismatiker Karl-Josef Gilles. TV-Foto: Roland Morgen

„Deckel drauf“: Numismatiker Karl-Josef Gilles. TV-Foto: Roland Morgen

Trier. 18,5 Kilo bringen die insgesamt 2650 Aurei (Goldmünzen) auf die Waage. Wenig im Vergleich zum sprichwörtlichen Stein, der Karl-Josef Gilles vom Herzen gefallen ist: "Ja, ich bin sehr erleichtert und froh, dass nun endlich der Deckel drauf ist", sagt der Numismatiker des Rheinischen Landesmuseums und meint die frisch abgeschlossene wissenschaftliche Bearbeitung. 20 Jahre, um einen Münzschatz zu bewerten - "das sieht nach außen so aus, als wäre ich nicht aus den Puschen gekommen. Aber man darf nicht vergessen, dass ich einen Teil der Münzen erst in jüngerer Zeit unter die Lupe nehmen konnte."
Tatsächlich hat das Landesmuseum sein wertvolles Exponat schon Ende 1993 ausgestellt. Zu groß waren der Stolz und die Hoffnung auf eine neue Zugnummer, als dass man den Fund zwecks wissenschaftlicher Bewertung lange unter Verschluss gehalten hätte. Und lange war ein Großteil der gezeigten Münzen nur einseitig gereinigt.
Der Dreck und der Staub, der ihnen anhaftete, stammte nicht nur aus der Römerzeit. Sie waren auch Begleiterscheinungen der abenteuerlichen Entdeckung.
Rückblende: Donnerstag, 9. September 1993. Auf der Baustelle in der Feldstraße, wo neben dem Klinikum Mutterhaus ein Parkdeck entstehen soll, ist Feierabend. Auch das Landesmuseums-Team, das die Baugrube archäologisch untersucht, hat das Feld geräumt. Nun schlägt die Stunde der Hobbysucher. Sie spüren im Aushub binnen kurzer Zeit 110 Goldstücke auf. Weil ein Großteil des ausgebaggerten Erdreichs Richtung Berghotel Kockelsberg transportiert wurde, verlagert sich der Goldrausch in den Stadtwald auf der anderen Moselseite. Ausbeute dort: Mindestens 310 Münzen.Fund des Lebens



Erich Eixner (damals 45) kehrt als einziger der Hobby-Archäologen "von innerer Unruhe getrieben" in die Feldstraße zurück - und macht den Fund seines Lebens: Es ist 19 Uhr, als er in der Baugrube auf ein unbemerkt am Nachmittag von einer Baggerschaufel zerfetztes Bronzegefäß und weitere mehr als 2000 Münzen stößt. Eixner entschließt sich zur Notbergung, packt das Gefundene in einen Eimer und eine Plastiktüte und liefert es am nächsten Morgen im Landesmuseum ab. Den zuständigen Experten Karl-Josef Gilles hat Eixner noch am Fundabend angerufen. Doch der Wissenschaftler hat erst mal abgewunken: "Ich kam gerade von einem Weinkolloquium und dachte, da wolle mich einer auf den Arm nehmen."
Tags darauf aber ist Gilles "wie vom Schlag getroffen. Ich sah gleich, dass es der größte Goldschatzfund seit Jahrhunderten ist". Und nicht vollständig. Gilles knöpft sich in den nächsten Tagen die anderen Finder vor und sammelt die Goldstücke ein. Die Besitzerfrage stellt sich nicht. Weil von hohem wissenschaftlichen Wert, gehört der Schatz laut Gesetz dem Land.
Auch der monetäre Wert ist nicht zu verachten: Von den 2650 Aurei, die den Goldmünzenbestand des Landesmuseums schlagartig verzehnfachen und deren Materialwert aktuell 623 000 Euro beträgt, hätte man ein Landgut kaufen können. Oder 130 Luxussklaven. Oder 130 Fuder des gepriesenen Valerner Weins.
Doch die Münzen wurden nicht investiert. Sie sind der kontinuierlich vermehrte Bestand einer wohl öffentlichen Kasse. Ihr Verwalter versteckte sie im Bürgerkriegsjahr 196 in einem Keller im vornehmen Westviertel des römischen Trier und nahm sein Geheimnis mit ins Grab. Erst 1797 Jahre später brachte eine Baggerschaufel den randvollen Bronzetopf wieder ans Tageslicht.
Und die römische Münzwelt aus den Fugen. Der Trierer Goldschatz umfasst Stücke aus den Jahren 63 bis 196, auf denen sämtliche 40 Kaiser jener Zeit von Nero bis Septimius Severus oder deren Verwandte abgebildet sind. Gilles: "Es gab Münzen, die bis 1993 als selten galten und es seither nicht mehr sind. Außerdem befinden sich im Trierer Schatz auch bislang unbekannte Münzen etwa mit dem Konterfei von Didius Julianus, der nur drei Monate regierte."150 Stücke gelten als verschollen


Einige der Münzen sind mehr als 50 000 Euro wert, andere würden im Handel kaum mehr als 300 Euro bringen. 150 Goldstücke gelten als verschollen. Gerüchten, euphorisierte Finder hätten spät abends in Kneipen mit Aurei bezahlt, widerspricht Gilles nicht. Unehrlichkeit könnte sich gelohnt haben, denn das Land zahlte nur karge Prämien. Insgesamt wurde eine niedrige sechsstellige DM-Summe an Finder sowie das Mutterhaus und die Baufirma ausgeschüttet. Hauptfinder Eixner sagt, er habe sich über diesen Geiz "damals kolossal geärgert". Doch das sei längst vergessen. Zur Ausstellungseröffnung mit geladenen Gästen will er kommen: "Über die Einladung freue ich mich."Extra

Das Rheinische Landesmuseum stellt zum 20. Jahrestag der Entdeckung den Goldschatz erstmals weitgehend komplett aus. Von heute, Freitag, bis Sonntag, ist der Eintritt frei. Bis zum Ausstellungsende am 27. April 2014 stehen zahlreiche Begleitveranstaltungen auf dem Programm, darunter ein internationales Kolloquium (27. September). Seinen Part an der Trierer Museumsnacht (21. September) stellt das Landesmuseum unter das Motto "Goldene Nacht". Pünktlich zum Jubiläum liegt die von Karl-Josef Gilles verfasste wissenschaftliche Publikation vor. Das 280-Seiten-Buch "Der römische Goldmünzenschatz aus der Feldstraße in Trier" ist ab heute für 78 Euro im Museum und im Buchhandel erhältlich. Mehr Infos: www.landesmuseum-trier.de rm.

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