Schönheit hinter schlichter Fassade
Mit Douglas Bruce gastierte ein schottischer Schweizer beim zweiten Abend des Orgelsommers 2010 in der Konstantin-Basilika. Bei seinem Programm lohnte sich das genaue Hinhören.
Trier. (gkl) Für manch einen Orgelfreund sind die Kompositionen eines John Stanley oder eines Samuel Wesley Werke, die man sich nicht anhört. Die Orgelmusik hatte im 18. Jahrhundert in England keinen großen Stellenwert, und die Tonsetzer dieser Epoche, die sich trotzdem mit der Orgel befassten, gelten heute als Kleinmeister.
Da sollte man schon aufmerksam werden, wenn doch einmal ein Organist diese Komponisten in sein Konzertprogramm aufnimmt. Mit liebevollen Registrierungen und sehr viel Detailgenauigkeit widmete sich Bruce dem Voluntary a-Moll, Opus 7,8, "Air" von Stanley und Wesleys "Gavotte". Mit seinem Spiel legte er die hinter einer schlichten Fassade verborgenen Schönheiten der Werke frei und strafte alle lügen, die hier von Anfängerrepertoire sprechen.
Aber mit Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn Bartholdy fanden sich auch große Namen auf seinem Programm. Bachs Toccata und Fuge d-Moll, BWV 565, für viele der Inbegriff der Orgelmusik, bewältigte er souverän.
Wenn die Trefferquote der richtigen Tasten besonders beim Pedalspiel nicht ganz die 100 Prozent erreichte, war das in erster Linie der Tatsache geschuldet, dass Bruce häufig in den USA konzertiert, wo ergonomisch gestaltete Klaviaturen üblich sind. Die Pedalklaviatur der Basilika-Orgel orientiert sich aber an historischen Vorbildern.
Mendelssohns vierte Sonate in B-Dur, Opus 65, gestaltete er mit Pathos, der nur den Engländern bei dieser Musik zu eigen ist. In kaum einem anderen Land ist die Orgelmusik Mendelssohns so beliebt und wird so empathisch interpretiert wie im Vereinigten Königreich. Mit Hans Uwe Hielschers Variationen über den Walisischen Choral "Immortal, Invisible" widmete sich Bruce noch einmal einem kleinteiligen, sehr abwechslungsreichen Werk, das seiner Detailtreue sehr entgegenkam. Am Ende stand herzlicher Applaus für einen filigranen Abend.