Unterm Strich - Die Kulturwoche

Das deutsche Theater hat einen seiner prägenden Köpfe verloren: In Berlin starb am Sonntag der Regisseur Dimiter Gotscheff überraschend im Alter von 70 Jahren. Der gebürtige Bulgare war in den 1960er Jahren in die DDR gekommen, wo er häufig mit Heiner Müller zusammenarbeitete.

Später war er in Ost und West gleichermaßen erfolgreich - immer wieder wurden seine Arbeiten ausgezeichnet. Zwei seiner wichtigsten Produktionen am Deutschen Theater Berlin, "Perser" und "Hamletmaschine", zeigte das Luxemburger Grand Théâtre im Jahr 2011. Der Deutsche Bibliothekenverband stimmt in die Alarmsignale zum Kulturabbau im Lande ein. Die Dachorganisation von 2100 Büchereien beklagt, dass jede vierte öffentliche Bibliothek von Sparmaßnahmen betroffen sei. Bei steigendem Bedarf an Dienstleistungen müsse das Angebot reduziert werden, erklärte der Verband am Dienstag. Sorgen macht man sich zudem über den E-Book-Bereich. Während für gedruckte Bücher die Nutzungsrechte der Bibliotheken gesetzlich geregelt seien, müssten die Lizenzen für digitale Bücher einzeln verhandelt werden - und würden von unkooperativen Verlagen verweigert. Besonders kooperationswillig wollten sich am vorletzten Sonntag die Bayreuther Festspiele zeigen: Ein Drittel der Karten für die nächste Saison sollte - gleiches Recht für alle - im Internet verkauft werden. Doch statt Wagner-Glück gab es Pleiten, Pech und Pannen: Die Karten waren schon nach Minuten weg, aber die meisten Interessenten blieben in den zusammenbrechenden Leitungen stecken. Zu allem Überfluss spuckte die völlig überforderte Software plötzlich persönliche Daten anderer Nutzer aus oder versandte Rechnungen an die falschen Adressaten. Nach mehrtägiger Ursachensuche machte Festspiel-Chefin Katharina Wagner Anfang der Woche den "zu großen Ansturm" als Ursache für das Software-Versagen aus. Ganz ohne Kartenvorverkauf gab es vergangenes Wochenende ein Konzert von Paul McCartney zu sehen: Der Ex-Beatle trat als Straßenmusiker am Covent-Garden-Platz auf, um Reklame für seine neue CD zu machen. Eingeladen hatte er selbst via Twitter, ein paar Minuten vor dem Konzert. 2000 Zuschauer waren dabei, als Sir Paul mit einem zur Bühne umfunktionierten Lastwagen auftauchte und 20 Minuten lang für seine Fans spielte. Immerhin durfte Paul McCartney seinen Erfolg noch zu Lebzeiten genießen. Der arme Georges Bizet, Komponist und Pianist zu Paris, musste hingegen miterleben, wie seine Oper "Carmen" bei der Premiere 1875 krachend durchfiel. Er überlebte das Debakel, obwohl erst 36 Jahre alt, nur um drei Monate - und starb ohne Ahnung davon, dass er die erfolgreichste und meistgespielte Oper der Welt hinterlassen hatte. Auch im Jahr 2013 hat er nicht gerade das Glück gepachtet: Sein 175. Geburtstag am heutigen 25. Oktober geht im 200er-Jahr von Verdi und Wagner glatt unter. Dass der schändliche Versuch der Nazis, von ihnen als "entartet" empfundene Kunst zu vernichten, nicht in allgemeinen Erinnerungslücken untergeht: Dafür sorgt das Museum Junge Kunst in Frankfurt/Oder. Am Wochenende beginnt unter dem Titel "Angriff auf die Moderne" eine bis Januar 2014 dauernde Ausstellung mit 200 Werken von Künstlern wie Barlach, Dix, Kokoschka und Feininger. Dieter Lintz Diese und weitere TV-Kolumnen finden Sie im Internet auf www.volksfreund.de/kolumne

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