Vom Partygeschenk zum Plattenvertrag: Gebürtiger Trierer Jan Sievers veröffentlicht zweites Album

Trier/Hamburg · Jan Sievers ist ein waschechter Trierer. Der 39-jährige Musiker lebt zwar seit Jahren in Hamburg, einen großen Wunsch hat er aber, wenn er an seine Heimat denkt: Mit seinem zweiten Album "Neue Heimat" in seiner alten Heimat Trier aufzutreten. Heute erscheint das Album.

 Jan Sievers vor dem Wahrzeichen seiner Heimatstadt: „Die Trierer werden ihre Porta schon erkennen“, darin ist er sich sicher. Foto: privat

Jan Sievers vor dem Wahrzeichen seiner Heimatstadt: „Die Trierer werden ihre Porta schon erkennen“, darin ist er sich sicher. Foto: privat

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Dass er in Trier geboren ist, merkt Jan Sievers spätestens abends in der Kneipe. Während seine Kumpels geschlossen ein Bier ordern, greift der 39-Jährige zu Wein. Am liebsten einen aus der Mosel-Saar-Ruwer-Region, weiß und trocken. "Ich bin Trierer und stolz drauf", sagt Sievers.

Er ist das einzige Mitglied seiner Familie, das in Trier geboren wurde, sein Vater kommt aus Lübeck, die Mutter aus einem Vorort von Hamburg, der Bruder kam in Essen zur Welt, als seine Eltern gerade auf dem Weg nach Trier waren. Mittlerweile lebt niemand von ihnen mehr in der Römerstadt. "Das Elternhaus gehört jemand anderem, du fährst dran vorbei und denkst dir, ,schade, da wartet jetzt niemand mehr'."

Aber Trier sei seine alte Heimat und werde es auch immer bleiben, sagt der Musiker. Auch wenn sein zweites Album, das heute erscheint, "Neue Heimat" heißt. Und die ist Hamburg. Dorthin zog es ihn nach dem Abitur beim Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. Eigentlich hatte Sievers in Köln Audiovisuelle Medien studieren wollen, dafür habe er ein Praktikum gebraucht. Er bewarb sich bei einer Agentur in Hamburg und schob das Studium immer weiter hinaus. Schließlich machte er eine Ausbildung zum Texter.

Der Agentur hat er auch die Musikerkarriere zu verdanken: Eine Kollegin hatte ihren letzten Tag und wünschte sich ein persönliches Abschiedsgeschenk, bevor sie ins Ausland ziehen wollte. Als Praktikant ohne viel Geld nahm Sievers ihr eine Kassette mit ein paar netten Abschiedsgrüßen auf. Aber: "Die Kassette war 90 Minuten lang und meine Rede gerademal drei. Da habe ich, um die Kassette zu füllen, einfach etwas draufgesungen." Peinlich habe es ja nicht mehr werden können, er würde sie ja nie wieder sehen, dachte Sievers.

Was er nicht ahnen konnte war, dass die Kollegin die Kassette nicht im stillen Kämmerlein hören, sondern sie bei der Abschiedsparty vor allen Gästen abspielen würde. Sievers erfuhr davon erst im Nachhinein, auf die Party konnte er nicht kommen. Ein paar Wochen später rief ihn eine Musikagentur an: Eine Kollegin hatte die Kassette ohne sein Wissen an diese verschickt. Es folgte ein Plattenvertrag, eine CD, aber leider auch die Pleite der Firma.Ein Wink des Schicksals

"Meine erste CD ist also niemals erschienen und komplett verschwunden." Das war 2002. 2004 kündigte er seinen Job in der Werbeagentur. "Ich dachte, wenn das Schicksal dir den Wink gegeben hat, dass es etwas werden könnte mit der Musik, dann solltest du auch mal ausprobieren, wie es wäre, Musik zu machen." Er gründete seine Band Blindtext, trat in kleinen Clubs auf, dann in größeren, auf Festivals, bei Bandcontests.

2009 wagte Sievers ein neues Experiment: Er schrieb einen ruhigen Song. "Die Suche" hieß der und war zu ruhig für die Rockband Blindtext. Also lud er ihn auf MySpace hoch. "Praktisch über Nacht wurde der Song richtig oft geklickt, ich bekam Anfragen von Leuten, ob sie einen Fanclub aufmachen dürften. Das war skurril." Er veranstaltete ein kleines Konzert für sich und die ruhigen Songs, im Publikum saß ein Agent von Warner-Music. Und wieder gab es ein Angebot. Mit seiner Single "Die Suche" und seinem ersten Solo-Album "Abgeliebt" startete Sievers 2010 in die Charts. Danach war es erst mal still, bis jetzt.

Eigentlich hätte er den Schwung des ersten Albums ausnutzen sollen, aber deswegen würde er keine Musik machen. Musik sei Herzensangelegenheit, und er wollte das Album so machen, wie er es für richtig hielt. "Ich werde aber trotzdem oft gefragt, ob mir mein früheres Leben als Werbefachmann etwas für die Musikerkarriere gebracht hat," meint Sievers und lacht ein bisschen verlegen ins Telefon. Aber zugegeben, besonders clever in Sachen Marketing sei das lange Warten bestimmt nicht gewesen.Interview

Vom Partygeschenk zum Plattenvertrag: Gebürtiger Trierer Jan Sievers veröffentlicht zweites Album
Foto: (g_kultur

Im Video zu Ihrer Single "Polaroid" geht es um eine Freundschaft zwischen Ihnen und einem mannsgroßen Teddybären. Worum dreht sich "Polaroid"?
Jan Sievers: Egal, wie viel Stress man heute hat, bietet so ein Polaroid eine Ruheinsel, weil man sich auf einen tollen Moment besinnen kann. In meiner Wohnung hängt ein solches Polaroid meiner Beziehung, und immer wenn man gestresst ist oder sich in einem Streit zu verlieren droht, schauen wir aufs Foto und sehen, dass es auch anders geht. Dass es eben nur an uns liegt, die guten Momente zurückzuholen. Dabei braucht es manchmal eine Stütze, wie das Polaroid.

In der zweiten Single "Cola und Popcorn" erzählen Sie etwas über die Beziehung zu Ihrem Vater. Ist es nicht seltsam, private Momente so zu teilen?
Sievers: Ich habe lange überlegt, auch mit meinem Vater gemeinsam, ob ich etwas zu diesem Song sagen soll. Wir waren beide dafür, die Geschichte zu teilen: Mein Vater arbeitet viel und hart, und ich wollte ihm immer vermitteln, dass er sich in seinem Alter auch mal Ruhe gönnen kann und sollte. Aber irgendwann habe ich begriffen, dass er nur so glücklich sein kann, auch obwohl er abends immer müde und fertig ist. Um in der Kino-Metapher zu bleiben: Ich wollte sein Skript umschreiben, weil ich dachte, ein schöneres Happy End für ihn zu haben. Seit ich begriffen habe, dass er sein eigenes Happy End hat, sind wir beide entspannter.

Klingt sehr aufgeräumt. Hilft die Musik beim "Aufräumen"?
Sievers: Musik ist ein Ventil. Texte schreiben hilft beim "Aufräumen", weil man mehr nachdenkt. Auch weil man immer wieder Stoff für neue Texte braucht. sbra

Info: "Neue Heimat", Jan Sievers, Kick-Media-Music GmbH, 16,99 Euro.

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