Calmont-Tempel hütet viele Geheimnisse

Der Calmont hat touristisch viel zu bieten. Er ist nicht nur der steilste Weinberg in Europa. Durch den rekonstruierten gallorömischen Umgangstempel ist er auch zu einer Attraktion auf der "Straße der Römer" geworden.

Bremm. Wer den Aufstieg zum Gipfel des Calmont zu Fuß wagt, stellt sich einer überaus schweißtreibenden Herausforderung: Von Bremm oder Ediger-Eller aus geht es steil bergauf, erst über schmale Pfade und Treppen durch Weinbergsterrassen, später durch lichten Laubwald. Scheint die Sonne in den Schieferhang, offenbart sich die wahrscheinliche Bedeutung des Namens "Calmont" von selbst: "heißer Berg".

Doch die Mühe wird reich belohnt: Auf dem höchsten Punkt, 378 Meter über Normalnull, erwartet die Wanderer ein spektakulärer Blick - vielleicht der schönste im ganzen Moseltal. Seit Mai ist der Calmont-Gipfel um eine weitere Attraktion reicher: Ihn krönt die Rekonstruktion eines gallorömischen Umgangstempels.

Noch immer schlummern im Boden rund um den nach antiken Vorbildern in Weiß und kräftigem Rot gestrichenen Bau viele Geheimnisse, denn er ist nur ein Teil einer viel größeren Tempelanlage, die aus mehreren Gebäuden bestand. Es ist nicht einmal sicher, ob die Rekonstruktion das wichtigste Heiligtum war. Welche Gottheit hier verehrt wurde, ist ebenfalls unbekannt. Trotzdem ist eines gewiss: Dieser Tempel ist eine Besonderheit. Zwar sind rund 350 gallorömische Umgangstempel in der ehemals von Kelten bewohnten römischen Provinz nachgewiesen. Doch keiner bietet einen so atemberaubenden Ausblick wie der auf dem Calmont.

Noch bis zur Eisenzeit scheint es in Westeuropa keine überdachten Kultanlagen gegeben zu haben, sondern nur "heilige Haine". Erst nach der Eroberung Galliens durch Julius Caesar sind solche Bauten nachweisbar. Sie weisen einige lokale Eigenheiten auf.

Außergewöhnliches Wanderziel



So ragten die traditionell rechteckigen mediterranen Podiums tempel erhöht aus dem Gelände und waren über Stufen zu erreichen. Nicht so die oft quadratischen nordkeltischen Umgangstempel: Sie konnten ebenerdig betreten werden. Und während sie über eine Lichtquelle verfügten, waren die römischen Tempel im Mittelmeerraum fensterlos.

Gemeinsam ist diesen beiden Typen, dass sie Abbilder der jeweils verehrten Gottheit beherbergten. Anders jedoch als in den christlichen Kirchen, wurde der Gottheit nicht im Inneren gehuldigt, sondern an den Altären vor dem Tempel.

Unklar ist weiterhin, ob das Calmont-Heiligtum, die römischen Höhenbefestigung auf dem benachbarten Petersberg und ein antiker Bau an der Stelle der Klosterruine Stuben eine Einheit bildeten. Es scheint so, als lägen diese drei Gebäude exakt auf der Grenzlinie zwischen den römischen Provinzen Belgica (mit der Hauptstadt Trier) und Obergermanien (Hauptstadt: Mainz). Vor diesem Hintergrund ist der Ort aus archäologischer und kulturhistorischer Sicht von herausragender Bedeutung. Was aber die Bewohner im Umkreis besonders interessieren dürfte: Auch als touristische Attraktion rückt der Römertempel den Calmont in eine höherklassige Liga. Bis dato war der "steilste Weinberg Europas" vor allem ein Aushängeschild für qualitativ hochstehenden Terrassenweinanbau und galt seit Eröffnung des Klettersteigs als außergewöhnliches Wanderziel. Jetzt ist die Calmont-Region auch zu einem Höhepunkt des internationalen Projekts "Straße der Römer" geworden.

Die Vernetzung mit anderen Themenwegen wie dem "Kulturweg Calmont-Kloster-Stuben-Petersberg", dem "Kulturweg der Religionen" und der "Mosel-Erlebnis-Route" steigert die Attraktivität weiter. Mit der gallorömischen Tempelanlage auf dem Martberg ist das rekonstruierte Calmont-Heiligtum außerdem die antike Ergänzung zur mittelalterlichen Tourismushochburg Cochem.

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