Das Kreishaus hat 100 Jahre auf dem Buckel

Wittlich · 201 000 Mark kostete 1913 der Bau des Kreishauses Wittlich. In ihm wohnten neben dem Landrat auch der Chauffeur und ein Gendarm. Heute ist das Gebäude Teil der Kreisverwaltung.

Wittlich. Seit 100 Jahren prägt das Kreishaus das Bild von Wittlich mit. Am 18. Juli 1913, einem Freitag, war halb Wittlich im Sonntagsstaat auf den Beinen, um die Einweihung mitzuerleben. Feuerwehr, Gesangverein, Armee-Musikkapelle und die Honoratioren aus dem damals bestehenden Kreis Wittlich feierten. Der Wittlicher Fotograf Joseph Becker hielt das Ereignis mit der Kamera fest.
Die Freude über das Gebäude dürfte groß gewesen sein, besonders bei den etwa 30 Bediensteten der Kreisverwaltung, die nun in den neuen Amtsstuben arbeiten konnten. Auch eine Telefonanlage mit einem Apparat war installiert.
Eigentlich hätte das neue Kreishaus nach Plänen des Kreisbaumeisters Johannes Vienken etwas einfacher errichtet werden können. Er hatte damals unter anderem schon die große Wittlicher Synagoge, den Umbau des Wittlicher Rathauses, Schulen, Geschäftshäuser, Amtsgebäude im ganzen Landkreis Wittlich geplant und gebaut. Doch die Kreisväter hatten mit Blick auf die prosperierende Stadt und deren Vergangenheit als Burg- und Schlosssitz Höheres im Sinn.
Den Auftrag für Planung und Bau bekam daher der damals deutschlandweit bekannte Architekt Paul Schultze-Naumburg. Die Korrespondenz in der Amtsakte zeigt, dass sich die ursprüngliche Planung allmählich zu einem kleinen Kreisschlösschen wandelte, ähnlich dem ehemaligen Wittlicher Jagdschloss Philippsfreude.
Schultze-Naumburg, der für seine historisch exakten Nachbauten geschätzt wurde, legte einen großzügigen Bauplan vor. Dieser ähnelte den Landschlössern, die er bereits geplant und gebaut hatte.
Das Kreishaus erhielt einen auch für damalige Verhältnisse repräsentativen Sitzungssaal, ein Kaminzimmer sowie eine herrschaftliche Landratswohnung. Zwei dem Haustrakt vorgelagerte Torhäuser waren vorgesehen. Das eine sollte als Garage mit Chauffeurwohnung, das andere als Gendarmenwohnung dienen. Die Kosten der gesamten Anlage betrugen 201 000 Mark.
Für die künstlerische Verschönerung des Innenbereichs wurde der Eifelmaler Professor Fritz von Wille engagiert. Er sollte Landschaftsbilder aus dem Kreis anfertigen, Gemälde über zum Teil mehrere Meter Länge sowie für die Wände im Sitzungssaal und im Kaminzimmer. Die Kosten: 12 000 Mark.
Heute ist das unter Denkmalschutz stehende Gebäude nur noch ein kleiner Teil der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich. 1979 hatte es nach der Zusammenlegung der Kreise Wittlich und Bernkastel einen viergeschossigen Anbau mit verbindender Eingangshalle, ein Zentralarchiv und einen großen Sitzungssaal erhalten.
Die Kosten der Erweiterung inklusive der Sanierung des Altbaus betrugen rund 11,5 Millionen Mark. 2012 stand eine Generalsanierung des alten Daches an. In dem Komplex arbeiten mittlerweile etwa 260 Menschen.
Die ehemaligen privaten Wohnräume sind schon lange in Arbeitszimmer umfunktioniert worden. Etwas ist geblieben. Der historische Sitzungssaal des Kreishauses dient nach wie vor seinem Zweck als Besprechungs-, Konferenz- und Veranstaltungsraum. red

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