Glaube im Alltag

In vielen Gemeinden findet man Tafeln, auf denen derjenigen gedacht wird, die in den beiden Weltkriegen gefallen sind. Wenn man die Tafeln genauer betrachtet, ist man erschüttert, wie viele junge Menschen auch im letzten Kriegsjahr noch gefallen sind.

Aber wie viele gab es, für die auch zehn Jahre nach Ende des Krieges, der Krieg noch nicht zu Ende war; die in sowjetischen Gefangenen- und Arbeitslagern gedarbt und gelitten haben und gestorben sind? Wer denkt an die vielen, die krank und psychisch gestört zurückgekehrt sind und heute noch an den Folgen leiden? Ich wurde vor wenigen Tagen daran erinnert bei einem Besuch in der Schweiz. In Flüeli-Ranft, wo der Nationalheilige Bruder Klaus gelebt hat, traf ich eine Ordensschwester, die dort die vielen Pilger betreut. Sie erzählte mir von den vielen, die auch spätabends oder frühmorgens in die Schlucht der Melchaa hinuntersteigen, um dort in Stille zu beten. Sie berichtete mir vom ersten deutschen Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer, der eine ganze Nacht zum Bruder Klaus kam, um dort mit einer Gruppe von Männern zu beten. Anschließend flog er nach Moskau, um mit den Sowjets über die Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen zu verhandeln. Daraufhin wurden die ersten zehntausend Gefangenen freigelassen, die dann mit Sonderzügen im Westen ankamen und mit Jubel begrüßt wurden. Können wir uns vorstellen, dass die heutigen Politiker irgendwohin gehen, um zu beten, dass die schwierigen politischen Probleme in Europa und in der Welt gelöst werden? Der Hl. Bruder Klaus gilt als der große Friedensstifter, nachdem er die Eidgenossen vor dem Zerfall des labilen Bündnisses der Urkantone beraten und bewahrt hat. Vielleicht müssen wir uns einmal daran erinnern, dass der gesellschaftliche und zwischenstaatliche Frieden nicht nur durch menschliche Taktik und Verhandlung gewahrt bleibt. P. Cletus Wingen OP, Klausen

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