Vortrag Wie der Weg vom Schattenkind zum Sonnenkind gelingt

Klausen · Bestsellerautorin Stefanie Stahl hat in Klausen erklärt, wie grundlegende psychologische Mechanismen unser Leben beeinflussen.

 Nach dem Vortrag finden sich begeisterte Leser zum Signieren bei Stahl ein.

Nach dem Vortrag finden sich begeisterte Leser zum Signieren bei Stahl ein.

Foto: Recktenwald Martin

Haben Sie sich schon mal mit Ihrem inneren „Schattenkind“ beschäftigt? Könnte sich lohnen. Denn, wie die Psychologin Stefanie erläutert, hängen viele Konflikte unseres Lebens mit Prägungen aus der Kindheit zusammen. In Klausen hat die Bestseller­autorin bei „Kultur in der Wallfahrtskirche“ 240 Zuhörern einige zentrale Punkte zu diesem Thema vorgestellt.

Das Problem mit den Prägungen ist, dass sie uns unbemerkt be­einflussen können und unseren Blick auf die Realität verstellen. Ganz alltägliche Sachverhalte im Umgang mit anderen Menschen erhalten so eine versteckte Zusatzbedeutung, die aber für das Gegenüber gar nicht unmittelbar nachvollziehbar ist. Konflikte sind da programmiert. Stefanie Stahl veranschaulicht es an dem fiktiven Paar Sabine und Michael. Eine scheinbar banale Sache – Sabine hat beim Einkauf Michaels Lieblingswurst vergessen – führt zu einem heftigen Streit. „Denn Michael hat einen Glaubens­satz ver­innerlicht: ‚Ich bin nicht wichtig.’ Und deshalb vermutet er eine ganz andere Bedeutung“, begründet die Psychologin. Weil auch Sabine von Glaubenssätzen be­einflusst ist, dreht sich der Streit rasch um tiefgreifende psycho­logische Fragen – ohne, dass es den beiden bewusst wäre.

Nicht zwei Erwachsene streiten hier miteinander, sondern ihre beiden „Schattenkinder“. Unter diesem Begriff fasst Stahl einen Komplex zusammen: Erfahrungen in der Kindheit, die zu ver­innerlichten Glaubenssätzen führen. Und diese wiederum begünstigen bestimmte Verhaltensweisen und Selbst­schutz­strategien. In Michaels Fall waren die Eltern mit ihrer Bäckerei und vier Kindern überfordert, er spürte nicht die für ihn notwendige Aufmerksamkeit. „Ein Kind wird aber nie den Fehler bei den Eltern vermuten. Es denkt, dass der Fehler bei ihm liegt“, beschreibt Stahl die Problematik. Folglich entwickelt Michael die Überzeugung: „Ich komme zu kurz, ich bin nicht wichtig, ich genüge nicht.“ Dies führt bei ihm zu Kränkung und Wut – Gefühle, die in seinem späteren Leben immer wieder leicht ausgelöst werden. Weil wir uns aber nicht ständig schlecht fühlen wollen, entwickeln wir Selbst­schutz­strategien. Das können über­steigerter Perfektionismus oder Harmonie­zwang ebenso sein wie Macht­streben oder eine Flucht in virtuelle Welten am Computer.

 Pater Albert Seul hat noch ein paar Fragen an Autorin Stefanie Stahl.

Pater Albert Seul hat noch ein paar Fragen an Autorin Stefanie Stahl.

Foto: Recktenwald Martin

Um nicht in diese Falle zu tappen und sich von Glaubenssätzen un­bewusst leiten zu lassen, rät Stahl: „Ertappen und umschalten!“ Es gehe darum, das „Schattenkind“ ehrlich zu erkunden. Dazu werden die eigenen Sichtweisen einer streng rationalen Betrachtungsweise, einem „Erwachsenen-Ich“ gegenübergestellt. Was ist tatsächlich so und was nehme ich vielleicht nur so wahr? „Glaubenssätze, auch wenn ich schon 70 Jahre danach gelebt habe, sind im Grunde komplette Willkür“, sagt Stahl. Als zweiten Schritt nach Selbstreflexion schlägt die Autorin vor, sich ein „Sonnenkind“ aufzubauen. Hierbei handelt es sich um den Gegen­entwurf: Glaubenssätze, die eine positive Sicht auf mich widerspiegeln und mich zu Situationen und Verhaltensweisen lenken, die ich mit Glück verbinde. Mit dem „Sonnenkind“ als Verbündetem wird es wesentlich einfacher, gelingende Beziehungen zu Menschen aufzubauen und zu erhalten.

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