Mehr als Baum, Bank und Parkplatz

Wittlich · Gedankliche Baustellen gibt es in Wittlich viele. Eine dreht sich um die Frage: Was ist auf den öffentlichen Plätzen im Zentrum möglich? Das beschäftigt Verwaltung, Stadtrat und die Bürger. Wie groß das Interesse an diesen öffentlichen Räumen ist, zeigt eine Unterschriften-Aktion: 2504 Menschen sind gegen Verkauf und Bebauung des Karrstraßenplatzes.

 Dringender Gestaltungsbedarf: So heißt es im Wittlicher Innenstadtentwicklungskonzept über den Schloßplatz, der derzeit vor allem als Parkplatz dient und wenig einladend wirkt. TV-Foto: Archiv/KLAUS KIMMLING

Dringender Gestaltungsbedarf: So heißt es im Wittlicher Innenstadtentwicklungskonzept über den Schloßplatz, der derzeit vor allem als Parkplatz dient und wenig einladend wirkt. TV-Foto: Archiv/KLAUS KIMMLING

Wittlich. Auf dem Marktplatz gibt es Märkte, am Schlossplatz stand ein Schloss und parken Autos. Und was hat der Pariser Platz mit der französischen Hauptstadt zu tun? Das weiß keiner ganz genau. Straßencafés wie an den Boulevards der Metropole gibt es allerdings auch in der Kleinstadt.
Kurzum: Wittlich hat im Zentrum viel öffentlichen Raum mit unterschiedlichen Funktionen. Teils gibt es dort Bank, Baum, Brunnen, teils ist alles mehr oder weniger schon immer "einfach so" da.
Das könnte man auch über den Schloßplatz sagen. Zwischen der Geschäftsarkaden-Bebauung aus den 50er-Jahren und der Baumreihe liegen Parkplätze, und neuerdings blickt man von den alten Bänken über die Straße auf die Schlossgalerie. Das Einkaufszentrum auf der Ex-Brachfläche wirkt wie ein optischer Riegel am Schloßplatz. "Vorher ist der Raum weggelaufen, jetzt ist er gefasst und von der Gestaltung her eine Katastrophe. Es gibt allein vier oder fünf verschiedene Pflaster. Das ist alles andere als modern, ruhig, einheitlich. Die Aufenthaltsqualität fehlt", sagt Thomas Eldagsen, Stadtplaner bei der Verwaltung. Das Problem ist sozusagen offiziell: Diese städtische Fläche ist im Innenstadtentwicklungskonzept ebenso wie der provisorische Parkplatz in der Karrstraße mit einem roten Minuszeichen gekennzeichnet: "dringender Gestaltungsbedarf bei Schloßplatz und Freifläche Karrstraße" steht dabei.
Ganzheitlicher Ansatz



Vor einer Neugestaltung muss geklärt werden, wie Wittlichs Parkplatzstruktur einmal sein wird. Beim Schloßplatz heißt daher die Frage: Sollen alle Parkplätze bleiben oder kann ein Teil wegfallen? Und noch etwas ist wichtig: Wie geht es in der benachbarten Kurfürstenstraße weiter? Funktioniert dort ein verkehrsberuhigtes System, das sich "Shared Spaces" nennt? Thomas Eldagsen erklärt es: "Das ist eine gleichberechtigte Nutzung des öffentlichen Raums durch alle Verkehrsteilnehmer ohne räumliche Trennung." Die Aufteilung Bürgersteig, Radweg, Straße ist dabei überflüssig. Das bedeutet, dass jeder auf jeden Rücksicht nehmen muss und keiner Vorfahrt hat. Wenn das an der Kurfürstenstraße funktioniert, könnte das auch auf der anderen Seite des Einkaufszentrums am Schloßplatz möglich werden, so der ganzheitliche Ansatz. Rainer Wener, Stadtverwaltung, sagt: "Der Platz setzt sich quasi rund um das Einkaufszentrum fort."
Eine Art "Shared Spaces"- Fall ist ungeplant der Marktplatz, auf dem sich Auto-, Radfahrer, Fußgänger auf ein und demselben Pflaster tummeln. So ganz klappt es da aber nicht mit dem einen großen Raum für alle. Das sieht jeder an den Blumenkübeln, die eine Art Fahrbahn markieren. Sowieso ist der zentrale Platz vor dem Alten Rathaus städtebaulich kein einfacher Fall. Ulrike Kelle, Stadtverwaltung, sagt: "Ziel ist ihn aufzuwerten. Er spielt ja als Herz der Stadt eine entscheidende Rolle, aber es gibt viele Einschränkungen: Wir brauchen Rettungswege, Platz für Märkte oder die Kirmes. Aber zurzeit läuft man einfach drüber und nimmt ihn nicht richtig wahr." Dass die alten, eckigen Betonkübel den ersten Eindruck schmälern, ist erkannt: Zehn neue Kübel sind bestellt.
Das ist ein kleiner Schritt. Für größere Schritte sind Vorgaben der Stadtpolitik gefragt, auch für die Karrstraße. Sind Verkauf und Bebauung ausgeschlossen oder gewollt? Der Stadtrat zögert. Die Bürger nicht unbedingt. Vergangene Woche hat der Bürgermeister 2504 Unterschriften in Empfang genommen: Unterschriften für den Erhalt des Platzes, gegen eine Bebauung im großen Stil.
Rund eineinhalb Hektar oder drei Fußballfelder groß sind Wittlichs Plätze, die mehr oder weniger gestaltet sind und zum Teil als Parkplatz dienen. Laut Rainer Wener, Stadtverwaltung, sind die Größen wie folgt: Schloßplatz: 3800 Quadratmeter (inklusive Schloßstraße); Marktplatz: 1000 Quadratmeter; Platz an der Lieser : 1800 Quadratmeter; Pariser Platz: von Café del Mondo bis Kirchstraße: 2500 Quadratmeter, weiter bis zur Karrstraße insgesamt 4700 Quadratmeter, Karrstraße: 2800 Quadratmeter; Kirchvorplatz: 1000 Quadratmeter und der künftige Platz in der Altneugasse: 160 Quadratmeter (ohne Passage). sos

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