Schulteilung nervt und stresst

Wittlich · Seit einem halben Jahr ist das Wittlicher Peter-Wust-Gymnasium durch einen Zwangsumzug gespalten. Die Situation für Schüler und Lehrer ist an beiden Standorten schwierig. Im neuen Schuljahr sollen die Probleme zumindest teilweise gelöst werden.

Landesweit einmalig ist die Teilung des Wittlicher Peter-Wust-Gymnasiums von einem Tag auf den anderen. Aus Sicherheitsgründen musste das Nebengebäude in Wittlich gesperrt werden.

Deshalb mussten plötzlich die Klassen fünf bis neun nach Wengerohr in die leerstehende ehemalige Duale Oberschule (DOS) umziehen. Die Nachteile für diese Schüler, vom Zustand des Ersatzgebäudes, über Unterrichtsausfall wegen pendelnder Lehrer bis zur erforderlichen Busfahrt nach Wengerohr, stehen seither im Fokus der Öffentlichkeit.

Schulspaltung bringt Nachteile für alle Klassen



Nachteile bringt die Schulspaltung ebenso für die Gymnasiasten ab Klasse zehn, die am alten Standort geblieben sind. Schüler haben dem TV Probleme aus ihrer Sicht aufgelistet, zu denen der Schulleiter, Michael Forster, Stellung nimmt.

Er hat mit der Schulgemeinschaft mit den Folgen der Schließung des Nebengebäudes zu kämpfen. Der Schulträger, die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich, hatte im November 2009 mit der Gebäudesperrung darauf reagiert, dass eine Prüfung ergeben hatte, dass das Gebäude Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt. Frühestens 2013 sollen die Sanierung am alten Standort und die Umstrukturierung zu einem dreizügigen Gymnasium (je drei Klassen je Stufe) abgeschlossen sein.

Bis dahin hofft die Schulgemeinschaft, dass die Folgen der Dislozierung (eine Schule an zwei Standorten) minimiert werden können. Was die Schüler ab Klasse zehn beklagen, hat der TV in Fragen gefasst.

Die pendelnden Lehrer kommen ständig zu spät, darunter leiden am alten Standort die Vorbereitungen zum Abitur. Was kann die Schulleitung dagegen unternehmen?
Michael Forster: Der Unterrichtsausfall betrifft beide Standorte. Die Situation ist einmalig im ganzen Land, es gibt kein Modell, an dem man lernen könnte. Wir haben Planänderungen durchgeführt, um die Wechsel pro Woche und Lehrkraft von anfangs zwölf auf sieben zu reduzieren. Viele Lehrkräfte müssen die sechs Kilometer fahren, das dauert je nach Tageszeit zehn bis 20 Minuten. Für das neue Schuljahr werden alle Möglichkeiten geprüft, um die Zahl der Fahrten und damit den Unterrichtsausfall und die Belastung der Lehrkräfte zu reduzieren. Dazu gehören auch Überlegungen zur Umgestaltung des Stundenrhythmus. Eine komplette Änderung des Oberstufenplanes ist im laufenden Schuljahr nicht zu leisten. Zu Rückständen im Stoff kann ich zurzeit noch keine verlässlichen Aussagen machen.

Warum gibt es den Eva-Unterricht (Anmerkung der Redaktion: Eva steht für eigenverantwortliches Arbeiten ohne Lehrkraft) schon in den zehnten Klassen? Da selten Arbeitsaufträge erteilt werden, können diese Stunden nicht effektiv genutzt werden, sind somit für die Schüler Freistunden.
Michael Forster: Es ist nicht so: Wo kein Lehrer vor der Klasse steht, findet kein Unterricht statt. Es gilt, die Wartezeit durch die Fahrten der Lehrer zwischen den Standorten sinnvoll zu füllen. Für einen Schüler, der seinen Job ernst nimmt, gibt es immer genügend zu arbeiten. Es bedarf allerdings einer Änderung der Lernkultur, da sind wir erst am Anfang. Ich weiß, dass es geht, denn ich habe es an anderen Schulen gesehen. Eva in der zehnten Klasse war ein Versuch, der abgebrochen wurde. Zur Klarstellung: Es gibt keine Eva-Stunden von vorneherein, etwa im Stundenplan, immer nur da, wo ein Lehrer an diesem Tag in dieser Stunde fehlt, etwa weil er krank ist. Ansonsten würde diese Oberstufen-Stunde ausfallen. Das aber sehe ich nicht ein. Fest steht, dass mehr in den Bereich der Schülereigenarbeit gelegt werden muss, um den Ausfall aufgrund der noch verbleibenden und nicht zu vermeidenden Wechsel zu kompensieren.

Nicht nur gibt es keinen Ersatz für die Verspätungen und Ausfälle, auch die Schulgemeinschaft leidet, die Lehrer sind gestresst. Welche Lösungen gibt es aus Sicht der Schulleitung?
Michael Forster: Eine sehr gut funktionierende Schulgemeinschaft wurde ohne ihr Verschulden auseinandergerissen. Und wir müssen jetzt das Beste draus machen. Unser Alltag ist nicht mehr vergleichbar mit dem anderer Schulen. Zeitmangel, Hetze, mangelnde Kommunikationsmöglichkeiten erschweren den Alltag mehr, als es vorher zu ahnen war. Ich sorge mich auch um die Gesundheit meiner Kollegen. Die notwendigen Erholungspausen stehen teils nicht zur Verfügung, und es gibt keinen Ausgleich. Ein Problem, das bisher nicht gelöst ist. Unser Referent bei der ADD (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion) kennt die Zwänge, weiß aber auch, dass es außer der Reduzierung der Wechsel kein Mittel gibt, diese Wechsel aber nur begrenzt zu minimieren sind. Im Kontext mit der Planung des neuen Schuljahres sind wir natürlich im Gespräch mit Blick auf die Personalversorgung.

Extra Peter-Wust-Gymnasium: Am provisorischen Standort in Wengerohr werden derzeit 20 Klassen der Stufen fünf bis neun mit 540 Schülern unterrichtet. Am Hauptstandort in Wittlich sind die Klassen bis zum Abitur mit 460 Schülern geblieben, von denen 100 Abiturienten die Schule verlassen haben. Mit Referendaren hat die Schule 69 Lehrkräfte. Zur Zahl und der Fächer neuer Lehrkräfte im kommenden Schuljahr ist laut Schulleitung noch keine verlässliche Angabe möglich. Am Montag hat der Kreisausschuss die Sanierungsarbeiten am Standort Wittlich an die Firma Rumpf, Architekten und Ingenieure, Andernach vergeben. Sie war unter 30 Bewerbern, davon acht in der inneren Wahl, erfolgreich. Nach bisheriger Planung soll das Projekt in 30 Monaten, also Anfang 2013, abgeschlossen sein. Frühestens dann hat das Gymnasium wieder einen Standort. Gebaut wird bei Schulbetrieb. (sos)

Meinung Mehr Lehrer erwünscht
Schulleitung, Lehrer und Schüler müssen schuldlos die Folgen der Gebäude-Schließung tragen, wie etwa die Fahrten. Die 15-Minuten-Abwesenheiten pendelnder Pädagogen "läppern" sich. Grundsätzlich folgerichtig ist deshalb, auf eigenverantwortliches Arbeiten (Eva) zu setzen, ohne Lehrer in der jeweiligen Klasse. Es bleibt dem PWG auch nichts anderes übrig. Kein Wunder ist es, wenn Schüler dann lieber blaumachen. Klar ist auch: Bildung braucht Pädagogen. Dem PWG ist zu wünschen, dass alles getan wird, dass es extra Lehrkräfte erhält. s.suennen@volksfreund.de

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