Warten auf Embryo

HUNOLSTEIN. (lei) Die Urväter der Weltmusik, Embryo, spielten in der Walholzkirche. Thilo Grauheding aus Hunolstein knüpfte die Kontakte, Michael Pinter, Initiator des Walholzsommers, hatte nichts dagegen, und sie kamen tatsächlich. Zwar später als geplant, aber das gehört wohl bei dieser Gruppe, die sich an keine Konventionen hält, dazu.

Die Münchener Formation Embryo ist seit 35 Jahren unterwegs und zählt zu den ältesten Bands der deutschen Szene. Es ist keine feste Formation. Der Vibraphonist Christian Burchard schart immer wieder neue Musiker aus der ganzen Welt um sich und tritt mit ihnen auf der Bühne in einen musikalischen Dialog. Ihre Musik entsteht nicht in Studio oder Proberaum, sie entsteht live vor einem verzauberten Publikum. Das Konzert in der Walholzkirche war für 17 Uhr angekündigt, und eine bunt gemischte Schar von Neugierigen hatte sich unter der alten Linde versammelt. Um 18 Uhr spendierte Michael Pinter den Wartenden einen Walholzsekt, um sie bei Laune zu halten - von Embryo noch keine Spur. Um 18.30 Uhr dann die Meldung: Sie sind auf dem Weg, haben gerade Kirchberg passiert. Einigen war das Warten zu lang, aber ein harter Kern von 40 Geduldigen harrte aus. 19 Uhr: Der alte Tourbus biegt auf den Parkplatz ein und ein erleichtertes Raunen erfüllte den Platz unter der alten Linde vor der Kirche. Als die Musiker aus dem Bus steigen, hat man den Eindruck als wären sie gerade aus Woodstock angereist. 19.45 Uhr, Musik dringt aus der Kirche, Embryo ist unbemerkt zur Tat geschritten. Das Publikum nimmt in der Kirche Platz und wird Zeuge einer musikalischen Geburt. Denn in dieser Formation tritt Embryo zum ersten Mal auf, es ist der Auftakt ihrer Tour, die sie nach Marokko führen wird. Und was ist das nun für eine Musik? Burchard gibt auf dem Vibraphon einen Melodiefetzen vor, nach und nach steigen die sieben Mitspieler ein, es entsteht ein rhythmischer, sphärischer Klang, mit eindeutigen Akzenten - nie aufdringlich. Was die acht Musiker dort im Altarraum zelebrieren, ist: aufeinander hören, Spielraum für den anderen schaffen, nicht sich produzieren und vorpreschen, sondern sich zurücknehmen. Sie spielen im wahrsten Sinne des Wortes Musik. Keiner der Anwesenden konnte sich diesem Zauber entziehen. Peter Dengel, ein Kenner der Szene, fragte sich in der Pause, ob auch nur ein Ton geplant gewesen sei. Und als um 22.15 Uhr der letzte Ton verebbte gestand Michael Pinter, zum Fan geworden zu sein. Und Embryo sei jederzeit in Hunolstein willkommen. Also, wenn Embryo noch einmal den Weg in den Hunsrück findet, bringen Sie genug Zeit mit, seien Sie geduldig, das Warten lohnt sich.

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