Integration Das Ziel ist noch nicht erreicht

Prüm · Heute selbstverständlich, vor 50 Jahren kaum vorstellbar: Die Lebenshilfe Prüm unterstützt Kinder mit Behinderung – seit einem halben Jahrhundert. Am Samstag wird das Jubiläum gefeiert.

 Die Einrichtungen der Lebenshilfe sind mittlerweile integriert. So treffen sich auch Abiturienten des Regino-Gymnasiums mit Vorschulkindern der Integrativen Kindertagesstätte.

Die Einrichtungen der Lebenshilfe sind mittlerweile integriert. So treffen sich auch Abiturienten des Regino-Gymnasiums mit Vorschulkindern der Integrativen Kindertagesstätte.

Foto: e_pruem <e_pruem@volksfreund.de>/Michaela Ostermann

Schulbildung war für Kinder mit einer geistigen Behinderung noch vor einem halben Jahrhundert schlicht und einfach nicht vorgesehen, am öffentlichen Leben nahmen nur die wenigsten teil. „Sie wurden von ihren Familien eher versteckt und verheimlicht. Man kann sich das heute eigentlich kaum noch vorstellen“, sagt der Sonderpädagoge Karl-Heinz Thommes. Wenn Thommes von den Gründungstagen der Lebenshilfe-Kreisvereinigung Prüm erzählt, klingen seine Berichte wie Geschichten aus einer anderen Welt. Mit einem Festakt wird am Samstag, 5. Mai, an die Gründung der Lebenshilfe Kreisvereinigung Prüm vor 50 Jahren erinnert.

„Und das nicht mit stundenlangen salbungsvollen Worten, sondern einer Feier, bei der Behinderte selber möglichst aktiv sind und auf der sich niemand langweilt“, sagt der erste Vorsitzende, Johann Mücken. Eröffnet werde das Programm so auch von den Westeifel Kräckers, einer Mitarbeiterband der Westeifel Werke, die wiederum eine gemeinsame Initiative der Lebenshilfen Daun, Bitburg und Prüm sind. „Dann tritt auch noch eine Tanz- und Gesangsgruppe unserer integrativen Kita auf und auch der Chor der Astrid-Lindgren-Schule tritt zusammen mit den Cantando-Teens Messerich auf“, sagt der Mitbegründer und heutige Geschäftsführer Thommes.

Nach dem kleinen Konzert wird es dann aber doch nochmal „ernster“. „Wolfram Henn wird einen kurzen Fachvortrag halten. Der wiederum ist aber ganz nah am Thema des Abends“, sagt Guido Kirsch, Rektor der Astrid-Lindgren-Schule. Henns Thema: „Von der Ausgrenzung zur Teilhabe – Geistige Behinderung als Teil der gesellschaftlichen Vielfalt“.

Trefflich dürfe man fragen, ob das denn in Zeiten der allgegenwärtigen Integration und Inklusion noch aktuell ist, sagt Mücken: „Und ich sage da nur Ja, ist es.“ Man müsse nur jüngste Nachrichten aus dem Bundestag vor Augen rufen um zu erkennen, dass das Ziel noch lange nicht erreicht ist. „Nur als Beispiel: Eine Anfrage der AfD zum Thema Menschen mit Behinderungen suggeriert, dass Behinderungen immer ein Ergebnis von Verwandtschaftsehen sind. Salopp gesagt macht mich so was betroffen. Ich dachte wir wären viel weiter und plötzlich kommen Anfragen, die deutlich vom Gedankengut der NS-Zeit geprägt sind und Menschen mit Behinderungen diskreditieren wieder in den Bundestag“, sagt Mücken.

Zeitlich habe man das Programm gut gestrafft, sagt Kirsch. Nach weiteren musikalischen Beiträgen der Kräckers und einem Schlusswort vom zweiten Vorsitzenden, Günter Mans, gehe man in den gemütlichen Teil des Abends über. „Zum Quatschen und Erinnern an alte Zeiten“, sagt Thommes. Und an Erinnerungen mangele es wahrlich nicht. „Es ist so viel passiert in den fünf Jahrzehnten. Alles können wir gar nicht zusammenfassen, deswegen ist die Festschrift auch eher auf die Gegenwart ausgerichtet. Wir wissen alle, was für Gebäude und Einrichtungen überall herumstehen, wer darin aber lebt und arbeitet, dass wollen wir mit dem Heft zeigen“, sagt Thommes. So werde beispielsweise die Geschichte der Lebenshilfe Prüm von seinem Sohn Stefan erzählt. Er kam vor 51 Jahren mit dem Down-Syndrom zur Welt. „Und erzählt nun in der Festschrift in seinen Worten wie die Lebenshilfe entstanden ist und was in den letzten Jahrzehnten passiert ist“, sagt Thommes.

Das Vorstandsteam und die Wegbegleiter hoffen, dass möglichst viele Menschen aus der Region der Einladung zur Feier folgen werden. „Los geht es um 19 Uhr in der Karolingerhalle.“Dabei soll aber nicht vergessen werden, dass der Festakt nur einer von vielen Programmpunkten im Festjahr ist“, sagt Mücken. Auftakt des Jubiläumsjahres sei das Konzert des Bundespolizeiorchesters gewesen.

„Ein guter Start, noch nie wurde so viel gespendet wie diesmal zu Gunsten der Lebenshilfe“, sagt der Vorsitzende. Nach dem Festakt am Samstag gebe es eine kleine Pause, dann gehe es am Sonntag, 10. Juni, weiter mit dem Sommerfest der Integrativen Kindertagesstätte. Am Mittwoch, 1. August, wiederum schaut die Lotto-Elf  zum Benefiz-Turnier vorbei und am Samstag, 27. Oktober, gibt es noch ein Festkonzert mit dem Musikverein Prüm. „Und zu allen Aktionen sind natürlich die Bürger  eingeladen. Es soll ja jeder mitmachen können“, sagt Mücken.

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