Afghanen übernehmen in sieben Regionen das Kommando

Startsignal für den schrittweisen Abzug der internationalen Truppen aus Afghanistan: Ab Juli wollen die Afghanen in sieben Regionen selbst für Sicherheit sorgen. Die Bundesregierung stockt das deutschen Kontingent trotzdem zunächst noch einmal auf.

Kabul/Berlin. Wachablösung am Hindukusch: Die Afghanen wollen ab Juli in sieben Regionen ihres Landes selbst für Sicherheit sorgen. Darunter ist die nordafghanische Stadt Masar-i-Scharif, für die derzeit noch die Bundeswehr zuständig ist.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai sagte am Dienstag, die Übergabe der Sicherheitsverantwortung sei "nicht mehr umkehrbar". Trotzdem will die Bundesregierung das deutsche Kontingent in der internationalen Schutztruppe zunächst noch einmal aufstocken.

Bis zu 300 Soldaten sollen künftig zusätzlich in Awacs-Aufklärungsfliegern eingesetzt werden. Der Abzug der Bundeswehr soll trotzdem Ende des Jahres beginnen, wenn die Sicherheitslage es zulässt. Außenminister Guido Westerwelle bekräftigte diese Planung. "Die Abzugsperspektive, sie wird sichtbar", sagte der FDP-Chef.

Die Nato hatte Ende 2010 beschlossen, den Kampfeinsatz am Hindukusch bis 2014 zu beenden und die Sicherheitsverantwortung für das Land bis dahin schrittweise an die Afghanen zu übergeben. Ausländische Soldaten sollen danach nur noch zur Ausbildung und Unterstützung der afghanischen Truppen im Land bleiben. Derzeit sind mehr als 140 000 Soldaten aus den USA und zahlreichen Nato-Staaten in Afghanistan im Einsatz. Darunter sind mehr als 5000 deutsche Soldaten.

Zu den Gebieten, die im Juli an die Afghanen übergeben werden sollen, zählt mit Masar-i-Scharif der Standort des Hauptquartiers der Bundeswehr und der Internationalen Schutztruppe Isaf für Nordafghanistan. Daneben werden Laschkarga, die Hauptstadt der südlichen Unruheprovinz Helmand, die westafghanische Provinzhauptstadt Herat und die Stadt Metharlam in der Provinz Laghman einbezogen.

Auch aus den als relativ ruhig geltenden Provinzen Bamian und Pandschir in Zentral- und Ostafghanistan will sich die Nato zurückziehen. Mit Ausnahme des besonders gefährlichen Bezirkes Surobi ist zudem die Provinz Kabul betroffen. dpa

STICHWORT



Masar-i-Scharif gehört mit rund 180 000 Einwohnern zu den wichtigsten schiitischen Wallfahrtsorten Afghanistans und hat große strategische Bedeutung. Dort kreuzen sich wichtige Versorgungsrouten nach Usbekistan und Turkmenistan. Mit der Hauptstadt Kabul verbindet die an den nördlichen Ausläufern des Hindukusch gelegene Stadt eine Passstraße. Wirtschaftliche Blüte erlangte Masar-i-Scharif wegen seiner Lage in einer fruchtbaren Ebene, wo Baumwolle, Getreide und Obst gedeihen. Bis 1998 war die Stadt eine Hochburg der Nordallianz, die gegen die radikal-islamischen Taliban kämpfte. Nach der Eroberung durch die Taliban sollen Hunderte Einwohner bei Massakern umgekommen sein. 2001 eroberte die Nordallianz Masar-i-Scharif zurück. 2006 errichtete die Bundeswehr dort ihr größtes Feldlager außerhalb Deutschlands. dpa

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