"Das Wesentliche fehlt"

TRIER. (red) Das gemeinsame Abendmahl hat im Vorfeld des Ökumenischen Kirchentags für besondere Aufmerksamkeit gesorgt. Für die TV -Serie zum Kirchentag haben wir zwei Geistliche beider Kirchen aus der Region Trier um ihre Meinung zu diesem Thema gefragt. In den folgenden Gastbeiträgen äußern sich Christoph Pistorius, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Trier, sowie Josef Schönborn, Trierer Regionaldekan, zur Frage: "Ökumene ja - warum kein gemeinsames Abendmahl?"

Von Christoph Pistorius "Was lange währt, wird endlich gut." Die Erfahrung wandelt ab: "Was lange gährt, wird endlich Wut." Die Idee ist nicht neu. In Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils tauchte die Idee auf, ein ökumenisches Pfingsttreffen durchzuführen. Dieses fand 1971 in Augsburg statt. In einer Fülle von Resolutionen wurde der Wunsch nach größerer und erfahrbarer Einheit der Kirchen laut. Nach der Wende entstanden bereits 1996 erste Ideen für ein gemeinsames Christentreffen. Als 1997 auf dem Leipziger Deutschen Evangelischen Kirchentag und 1998 auf dem Katholikentag in Mainz die Frage angegangen wurde, wie eine größere Gemeinsamkeit der Kirchen verwirklicht werden kann, standen auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten beim Abendmahlsverständnis ganz oben auf der Tagesordnung. Am 14. Januar 1999 war es dann soweit. Die Entscheidung für Berlin als Tagungsort des ersten ökumenischen Kirchentages wurde bekanntgegeben. Seit diesem Tag wuchs die Hoffnung, bis zum Ökumenischen Kirchentag auch die Grundlagen für eine gemeinsame Abendmahlsfeier gelegt zu haben. Nun ist es endlich soweit. Der erste Ökumenische Kirchentag öffnet am 28. Mai in Berlin seine Pforten. Das Programm ist gemessen an den bisherigen Kirchen- und Katholikentagen superlativ, was den Umfang anlangt. Doch in der Substanz fehlt das Wesentliche: das gemeinsame Abendmahl. So habe ich in den letzten Wochen immer wieder Menschen getroffen, die mir ihre ganze Enttäuschung und Wut ausgedrückt haben. Die Erwartungen und Hoffnungen auf ein gemeinsames Abendmahl beim ersten ökumenischen Kirchentag haben sich nicht erfüllt. Viele Menschen in unseren Pfarreien und Gemeinden schmerzt dies. Und in den Gesprächen wird schnell deutlich: es gibt zudem auch viel Resignation und Stagnation vor Ort. Als Kirchen sind wir sehr mit uns selbst beschäftigt. In unserer Sorge um Strukturen, Finanzen und Konzepte kreisen wir um uns selbst. Das lenkt uns immer wieder ab von der Arbeit an der Einheit der Kirche. Viele ökumenische Projekte leiden darunter, dass es scheinbar leichter ist, Menschen für den Streit oder die Diskussion über kontroverse Positionen zu begeistern als für das gemeinsame Tun dessen, was uns möglich ist. Doch der Hinweis auf die Chancen des Ökumenischen Kirchentages verwischt, dass wir die Menschen brauchen, die sich ein Gespür dafür bewahrt haben, dass wir in der Unfähigkeit miteinander Abendmahl zu feiern das Zeugnis für Jesus Christus verdunkeln. In der Tat ist dies ein Skandal. Denn die Kirchen geben nur die Einladung Christi weiter. Seine Einladung galt auch Judas und Petrus. Doch das Zeugnis für Jesus Christus verpflichtet uns zur Arbeit in der Ökumene. Ökumene ist Dimension und Qualität von Kirche. Somit braucht es das Zeugnis derer, die darunter leiden, dass es keine Gemeinschaft im Abendmahl gibt. Mögen die Erfahrungen des ersten Ökumenischen Kirchentages, die Erfahrungen des Miteinander Feierns, Betens, Singens und Hörens auf Gottes Wort Christinnen und Christen stärken, uns Kirchenleitenden in den Ohren zu liegen, dranzubleiben, an der Frage des Amtes und des Abendmahles intensiv zu arbeiten, damit sich auch für die Ökumene umsetzt, was als Leitwort über dem Kirchentag steht: "Ihr sollt ein Segen sein."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort