Flüchtlinge fliehen von Trier ins Saarland

Trier · Einige Flüchtlinge aus der Aufnahmeeinrichtung in Trier sind unerlaubt von sich aus in die saarländische Aufnahmestelle nach Lebach gegangen. Als Grund gaben sie angeblich unhaltbare Zustände in Trier an.

Trier. Als Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe Anfang September die Aufnahmeeinrichtung im saarländischen Lebach besuchte, kam eine Flüchtlingsfamilie mit einem kleinen Kind auf den Politiker-Tross zu und flehte, so berichten Beobachter, um medizinische Hilfe für ihr Kind. Die Familie erzählte, dass sie aus der Aufnahmeeinrichtung in Trier geflohen sei, weil dort die Versorgung und die Unterbringung so schlecht seien.
Kein Einzelfall, wie nun das saarländische Innenministerium auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte. Einige Asylbewerber, die zunächst in Lebach angekommen und dann im Rahmen der bundesweiten Verteilung der Flüchtlinge in die Aufnahmeeinrichtung nach Trier geschickt wurden, seien wieder in Lebach erschienen, sagte eine Ministeriumssprecherin. Wie viele Flüchtlinge von Trier aus freiwillig ins Saarland gegangen sind, könne allerdings nicht verlässlich gesagt werden.
Im rheinland-pfälzischen Integrationsministerium spricht man von vier Familien. In Lebach selbst ist die Rede von mehreren Dutzend Flüchtlingen, die Trier auf eigene Faust verlassen haben, wegen der dortigen schlechten Zustände. Zeitweise sollen es bis zu 200 gewesen sein. "Die kommen und legen sich einfach in die Zelte dazu", sagte Innenminister Klaus Bouillon (CDU) der Saarbrücker Zeitung. Auch mindestens 50 unregistrierte Flüchtlinge aus Berlin sollen nach Lebach gekommen sein, berichtet CDU-Landtagsabgeordneter Alexander Licht aus Brauneberg (Bernkastel-Wittlich).
Zusammen mit anderen CDU-Politikern und den Landräten Günther Schartz (Trier-Saarburg) und Gregor Eibes (Bernkastel-Wittlich) hat Licht vergangene Woche die Aufnahmeeinrichtung in Lebach besucht. Alle dem Saarland zugewiesenen Flüchtlinge würden in der Erstaufnahmestelle per Fingerabdruck registriert, sagt Licht. Dazu wird der Fingerabdruck eingescannt, die Asylbewerber müssen per Fingerabdruckscanner nachweisen, dass sie in Lebach registriert sind. Dadurch soll schnell erkannt werden, wer nicht in die dortige Aufnahmeeinrichtung gehört.
In Rheinland-Pfalz gibt es eine solche Registrierung per Fingerabdruck nicht. Auf die Frage, warum, verweist eine Sprecherin des Integrationsministeriums in Mainz an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg. Mit dem System bestehe die Möglichkeit, nicht registrierte Flüchtlinge sofort abzuweisen, sagt CDU-Politiker Licht. 29 Landesbedienstete, unter anderem auch Polizisten, seien für die Registrierung eingesetzt, bis zu 250 Personen könnten so täglich erfasst werden.
Laut Licht will das Saarland die Bundeswehr um Amtshilfe bei der Registrierung bitten. Auch in Rheinland-Pfalz steht die Bundeswehr bereit für die Flüchtlingshilfe. Das Landeskommando in Koblenz teilte auf Anfrage mit, dass 250 Soldaten des Führungsunterstützungsbataillons 282 in Kastellaun als "helfende Hände" zur Verfügung stünden. Sie könnten innerhalb von vier Stunden "einsatz- und verlegebereit" sein.
Der saarländische Innenminister hat eine "harte Linie" gegenüber Flüchtlingen angekündigt, die aus anderen Bundesländern anreisten. Mitarbeiter der Aufnahmestelle gehen mit Dolmetschern durch die dort aufgestellten Zelte und fordern alle, die nicht nach Lebach gehören, auf, die Einrichtung zu verlassen. Wenn dies nicht funktioniere, habe Bouillon angekündigt, werde er die Polizei einsetzen und Personenkontrollen durchführen lassen. Auch habe er damit gedroht, an Personen, die nicht mit einer Nummer oder einem Armbändchen nachweisen können, dass sie nach Lebach gehören, kein Essen mehr auszugeben. Eine Sprecherin des saarländischen Innenministeriums bestätigte, dass es Gespräche zwischen Saarbrücken und Mainz gegeben hat. Bouillon habe auch die Aufnahmeeinrichtung in Trier besucht. Dabei soll er nach Informationen unserer Zeitung darauf gedrängt haben, die schlechten Zustände dort schnell abzustellen.Kritik an Zuständen in Trier


Vor allem in der Aufnahmeeinrichtung in Trier-Nord in der Dasbachstraße ist es in den vergangenen Wochen zu unhaltbaren Zuständen gekommen. Im August mussten neu ankommende Flüchtlinge im Freien übernachten. Wegen Überfüllung wurden Betten und Matratzen in die engen Flure der alten Kaserne gestellt (der TV berichtete). Bewohner sollen sogar auf Toiletten übernachtet haben.
Vergangene Woche hat laut Integrationsministerium eine Begehung der Aufnahmeeinrichtung in Trier durch Brandschutzexperten stattgefunden. Es habe lediglich kleinere Beanstandungen gegeben, die unverzüglich behoben worden seien. "Die Kontrolleure konnten sich davon überzeugen, dass keine Flüchtlinge mehr in den Fluren schlafen", sagt eine Ministeriumssprecherin. Auch in Notzelten oder Garagen würden keine Menschen mehr campieren, teilt die zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) mit: "Die Situation in der Dasbachstraße hat sich auf hohem Niveau etwas entspannt."Extra

8230 Flüchtlinge waren laut Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) gestern in den Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht: Davon befinden sich in der Aufnahmeeinrichtung in Trier-Nord 1700, in den Außenstellen der Einrichtung in Trier-Euren 1400 und auf dem Bitburger Flugplatz 510. In der Hochwaldkaserne in Hermeskeil sind 720 Flüchtlinge untergebracht. Dort wird es eine eigene Aufnahmeeinrichtung geben. Genau wie in Kusel und Birkenfeld. Weitere Aufnahmeeinrichtungen des Landes befinden sich in Diez und Ingelheim mit einer Außenstelle auf dem Flughafen Hahn. wie

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