Frauen in der Schule der Politik

Mainz · Die rheinland-pfälzische Frauenministerin Irene Alt hat ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen, um mehr Frauen in die Politik zu bringen. Zwei Damen haben sich ausgerechnet Eifel-"Pate" Michael Billen als Mentor ausgesucht. Er ist der einzige Mann und fühlt sich als Hahn im Korb wohl.

 Walburga Spoo mit ihrem Mentor Michael Billen. Foto: privat

Walburga Spoo mit ihrem Mentor Michael Billen. Foto: privat

Mainz. Walburga Spoo lacht. "Warum soll man nicht von ihm lernen?", sagt die 42-Jährige und stupst Michael Billen an. Früher hat die Prokuristin einer Baufirma Polit-Nachrichten verfolgt, aber selbst mit Politik nichts am Hut gehabt. Seit eineinhalb Jahren blickt sie hinter die Kulissen. Sie ist eine von zahlreichen Mentees im Land, die an die frauenarme Kommunalpolitik herangeführt werden sollen und wollen.
Spoos erste Kontaktperson war die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Bitburg-Prüm, Marita Singh. Eine Meldung im Volksfreund hatte ihr Interesse geweckt. Die Wallersheimerin rief an, kam auf die Liste und wurde ins Qualifizierungs-Programm aufgenommen. Motto: "Mehr Frauen in die Kommunalpolitik!"
Seit dem Auftakt mit Ministerin Alt Ende 2012 sammelt die Mutter zweier Kinder reichlich Erfahrungen. Sie absolviert in Tagesseminaren Rhetorikschulungen, erfährt etwas über Zeitmanagement und Selbstorganisation, lernt sicheres Netzwerken, zu verhandeln, zu überzeugen und Sitzungen zu leiten.
Praktische Übungen werden ebenfalls geboten. Dabei geht es zum Beispiel um das Lesen und Verstehen von Bebauungs- oder Haushaltsplänen. Außerdem sind Spoo und die anderen Mentees - Michael Billen betreut noch Selma Karrenbrock-Suna (36) aus Auw - zu Gast im Europäischen Parlament in Straßburg, im Bundestag in Berlin und zuletzt im Mainzer Landtag gewesen. Dort wurden im Plenarsaal mit Rollenspielen Auftritte am Rednerpult oder Zwischenrufe geübt.
Am meisten imponiert Spoo, wenn sie Politik hautnah erlebt. Billen, der ihr schnell einen CDU-Aufnahmeantrag in die Hand drückte, den sie unterschrieben hat, nimmt sie zu Funktionärstreffen oder zu Veranstaltungen wie der Grenzlandschau in Prüm mit. Beide schmunzeln, dass schon Gerüchte die Runde machen, sie sei seine Freundin.
Der Eifel-Patriarch, seit 1996 im Landtag und in der Kommunalpolitik schon lange zu Hause, kennt vor seiner Mentee keine Geheimnisse. Am Telefon quatscht er munter so, als sei sie nicht dabei. "Natürlich habe ich sie zur Verschwiegenheit verpflichtet", erzählt Billen. "Ich verstecke nichts. Sie hört zu, aber auch weg", sagt der Landwirt. Walburga Spoo staunt, wie politische Prozesse ablaufen. "Vor den Abstimmungen im Kreistag oder sonstwo ist alles schon in trockenen Tüchern", hat sie erfahren. Manche für die Entscheidungen tragenden Aspekte würden öffentlich gar nicht wahrgenommen. "Das ist alles sehr interessant. Man hat ja sonst gar keinen Einblick", erzählt sie.
Dass ihr Mentor politisch umstritten ist, hat Spoo selbstverständlich wahrgenommen. Sie hat sich ihr eigenes Bild von Michael Billen gemacht: "Ich schätze sein Durchsetzungsvermögen und seine Kampfkraft. Er ist ein echter Eifeler und hat eine Riesenerfahrung." Besonders gefällt Spoo, "dass er nie ein Blatt vor den Mund nimmt". Spoo hat noch etwas anderes gelernt: "Männer sind auch in der Politik anders als Frauen. Sie diskutieren oft laut, und wir fühlen uns dadurch gleich angegriffen." Während Frauen nachtragend seien, gingen die Männer nach einem Streit einen trinken. Dafür sei das weibliche Geschlecht feinfühliger und diplomatischer in Diskussionen.
Wenn das Mentoring-Programm Ende 2013 endet, fängt die Karriere als Politikerin für die Mentees erst an. "Das Werkzeug habe ich dann", blickt Spoo voraus. Sie liebäugelt damit, bei der Kommunalwahl für den Verbandsgemeinderat Prüm zu kandidieren. Auch der Kreistag sei interessant. Billen will ihr helfen, einen guten Listenplatz zu ergattern. "Eigentlich ist Politik ganz einfach: Man muss sich von einer Partei aufstellen lassen und anschließend gewählt werden", sagt der 57-Jährige. Dass genau das theoretisch leicht, aber praktisch viel schwerer ist, weiß Billen nur zu gut. Letztlich müssten sich die Frauen, die am Programm teilnehmen, durchsetzen. Dazu gelte es vor allem, den eigenen Bekanntheitsgrad zu steigern.

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