Europawahl 2019 Rezo und Greta hinterlassen Spuren im Land

Mainz/Trier · Stimmen-Verluste: Malu Dreyer will SPD cooler machen, Julia Klöckner schimpft auf YouTube-Video.

 Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Foto: dpa/Britta Pedersen

CDU und SPD liegen in Rheinland-Pfalz bei der Europawahl über dem Bundesschnitt – trotzdem haben die großen Volksparteien auch im Land massiv Stimmen verloren. CDU-Landeschefin Julia Klöckner schimpfte in Mainz auf das Video des YouTubers Rezo, der in dieser Woche mit einem Beitrag die Union zerpflückt hatte. Dieser radikalisiere, pauschalisiere und ähnele damit im Vorgehen der AfD, sagte Klöckner. Der Ton schade der Demokratie. „Ein YouTube-Beitrag ist ein guter Impuls, ersetzt aber keine politische Debatte“, betonte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) räumte selbstkritisch ein, die SPD habe es schwer bei jungen Leuten. „Wir hören die Kritik und suchen das Gespräch. Die SPD darf bei ihren 156 Jahren auch jünger und cooler werden.“

In der Bewertung des Europawahl-Ergebnisses gestand Klöckner ein, dass CDU-Inhalte wie Freiheit und Sicherheit den Wahlkampf nicht dominiert hätten. Trübsal blasen wollte sie aber nicht. „Die CDU bleibt immer noch die stärkste Kraft.“ Bei der SPD wollte Dreyer die Wahl nicht schönreden. „Das Ergebnis ist sehr schlecht, und das ist traurig. In Rheinland-Pfalz liegen wir deutlich über dem bundesweiten Ergebnis, weil Katarina Barley im Land bekannt ist und wie eine Löwin gekämpft hat.“ Zu Spekulationen über ein Aus von SPD-Bundesfraktionschefin Andrea Nahles sagte Dreyer: „Es gibt keinen Grund, wieder Personaldiskussionen zu führen. Die Debatten schaden uns. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren.“

 Anders sah die Stimmungslage bei den rheinland-pfälzischen Grünen aus, die sich im Mainzer Rathaus versammelt hatten. Parteimitglieder trugen grüne Fähnchen, das Baby der Landtagsabgeordneten Katharina Binz einen Strampler mit Sonnenblumen-Motiven. Als um 18 Uhr das Ergebnis über den Monitor flackerte, war der Jubel groß. Besonders bei Romeo Franz und Jutta Paulus, die es als Rheinland-Pfälzer ins Europäische Parlament sicher schaffen, wie es am frühen Abend auch Christine Schneider (CDU) und Katarina Barley (SPD) frühzeitig komfortabel bejubeln durften.

Paulus will in Brüssel gegen die Klimakrise kämpfen. Die Menschen haben im vergangenen Jahr gezeigt, was es bedeutet, wenn es vier, fünf Monate nicht regnet und die Ernte verdorrt.“ Paulus sprach auch von einem „Greta-Effekt“, der den Grünen geholfen habe. „Ein 16-jähriges Mädchen hat der Politik vor Augen geführt, nur über Klimaschutz zu sprechen, aber nichts zu machen.“ Paulus will in Brüssel für Abkommen wie das Pariser Klimaschutzabkommen einstehen.

FDP-Landeschef Volker Wissing, der sich über mehr als fünf Prozent und Zuwächse in Rheinland-Pfalz freute, gestand da in seiner Bewertung:  „Es gab ein starkes umweltpolitisches Thema, das den Grünen geholfen hat. Die Stimmung gegen Europa hat der AfD Stimmen-Zuwachs gebracht. Und die Frustration über die große Koalition hat zu dem Ergebnis geführt, das CDU und SPD nun ausbaden müssen. Bei dieser Polarisierung war es für die FDP schwer, laut vorzukommen.“ Das Ergebnis sei dennoch „solide“.

 CDU-Landeschefin Julia Klöckner.

CDU-Landeschefin Julia Klöckner.

Foto: dpa/Wu Hong

AfD-Landeschef Uwe Junge freute sich, dass seine Partei am Abend bei rund zehn Prozent in Rheinland-Pfalz lag. „Wir haben es trotz massiver Anfeindungen geschafft, unser Stammwählerpotenzial zu halten.“ Eigentliche Botschaft des Wahlabends sei aber das desaströse Ergebnis der beiden Volksparteien CDU und SPD. „Sie müssen überlegen, ob sie nicht besser bald Neuwahlen ausrufen“, orakelte der AfD-Mann.

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