Schwarzmarkt für Hunde boomt in der Region - Auch für als gefährlich eingestufte Rassen

Trier · Rassehund für wenige Geld. Wer beim Hundekauf ein vermeintliches Schnäppchen macht, wird häufig wenig Freude mit dem Tier haben. Doch das illegale Geschäft mit Welpen, auch von gefährlichen Rassen, floriert. Die Aufsichtsbehörde schlägt Alarm.

Als im Februar auf einer Weide bei Igel (Kreis Trier-Saarburg) vier Kälber mit aufgerissener Kehle gefunden wurden, war die Aufregung groß. Schnell gab es die Theorie von einem wildernden Wolf. Zumindest ein Tschechoslowakischer Wolfshund soll es gewesen sein, hieß es kurze Zeit später. Welches Tier auch immer auf der Wiese seinem Jagdtrieb nachgeht. Es sollte erschossen werden.

Drohende Konsequenzen

Erhebliche Konsequenten drohen Hunden aber bereits, wenn sie sich weitaus weniger zuschulden kommen lassen. Die sehr strikte Gesetzgebung zu gefährlichen Hunden ist dafür verantwortlich, dass nicht nur die als Kampfhunde eingestuften Rassen als gefährlich eingestuft werden. Auch alle anderen Hunde können unter diese Einstufung fallen, wenn sie einmal oder mehrfach zugebissen haben.

"Neben den derzeit 668 klassischen Listenhunden gibt es in Rheinland-Pfalz auch 202 als gefährlich eingestufte Tiere aller Rassen, für die ebenfalls Anlein- und Maulkorbpflicht gelten", sagt Bernhard Kuhn, Sachbearbeiter für den Bereich gefährliche Hunde bei der Landesordnungsbehörde. Diese Behörde erfasst unter anderem jährlich, welcher Hunde welcher Rasse auffällig geworden ist und ob dabei Mensch oder Hund verletzt oder gar getötet wurden.
"Wirklich schlimme Beißattacken auf Menschen hat es in den vergangenen Jahren nicht gegeben", kann Kuhn vermelden. Sorgenfrei ist er wegen der seit 2001 deutlich zurückgegangenen Zahl von gefährlichen Hunden im Land allerdings nicht. Denn wenn die Erkenntnisse der Behörde zutreffen, steigt die Dunkelziffer dramatisch. "So massiv war es seit damals noch nie."

Bitte an die Bevölkerung

Vor allem illegale Einfuhren aus Osteuropa macht Kuhn dafür verantwortlich. "Dort wird Hundezucht auf übelste Art und Weise betrieben. Die Welpen werden dann zu Dumpingpreisen aus dem Kofferraum heraus verkauft." Geiz ist geil, auch bei Hunden. Wer im Internet nach den angeblich unproblematischen Neuzüchtungen American Bully oder Bulldoggen-Mix sucht, findet Angebote zwischen 200 und 1500 Euro für Jungtiere im gleichen Alter. Berichte gibt es von Hundetransporten, die der Polizei zufällig aufgefallen sind. Von den 100 jungen Tieren sind wenig später 50 jämmerlich verendet. Krankheiten und in der späteren Entwicklung der überlebenden Tiere aggressives Verhalten sind als Folge der üblen Zuchtbedingungen keine Seltenheit.

Auch deshalb hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) aktuell ausdrücklich auf die Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit dieser Hunderassen hingewiesen und die Bevölkerung gebeten, auch zum eigenen Schutz bei der Auswahl und dem Kauf eines Hundes darauf zu achten, dass es sich nicht um Abkömmlinge der als gefährlich eingestuften Rassen oder Mischlinge mit Anteilen dieser Rassen handelt. Wer solche Tiere aus dem Ausland nach Deutschland bringt, mit ihnen handelt oder sie gar züchtet, begeht eine Straftat. Wer einen gefährlichen Hund ohne offizielle Genehmigung besitzt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Zudem wird ihm das Tier abgenommen und in ein Tierheim gebracht. Zahlen muss dafür ebenfalls der Halter.

Ersparter Maulkorbzwang

Beim Tierschutzbund Rheinland-Pfalz sieht man zumindest strengen Regelungen für die Einstufung von Hunden mit Kopfschütteln. "Kein Hund ist von Grund auf aggressiv, deshalb muss diese Stigmatisierung der Rassen aufhören", sagt Vorsitzender Andreas Lindig.
"Wir teilen die Ängste von Herrn Kuhn nicht, denn die Beißkraft eines Hundes hat keine Aussage über dessen Gefährlichkeit. Das Problem ist fast immer der Halter, der seinen Hund misshandelt oder abrichtet." Keinen Dissens gibt es allerdings zwischen den Tierschützern und der ADD im Bezug auf den illegalen Welpenhandel. "Was da passiert, ist beunruhigend. Wir warnen vor vermeintlich günstigen Hunden aus dubiosen Züchtungen."

Welcher Hund auf der Weide bei Igel die Kälber gerissen hat, ist nach wie vor unklar. Er lässt sich dort nicht mehr blicken. Dem Tier selbst rettet das vielleicht das Leben. In jedem Fall aber erspart es ihm einen Maulkorbzwang - und dem Halter berechtigten Ärger mit der Polizei.
Der auffälligste Hund in den seit 2001 verfügbaren Beißstatistiken der Landesordnungsbehörde ist übrigens mit weitem Abstand der Schäferhund.

Extra Gefährliche Hunde

Als gefährliche Hunde gelten in Rheinland-Pfalz folgende Rassen: American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Hunde des Typs Pit Bull Terrier sowie Hunde, die von einer dieser Rassen oder diesem Typ abstammen. Darüber hinaus gelten als gefährliche Hunde: Tiere, die sich als bissig erwiesen haben; Hunde, die durch Ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie Wild oder Vieh hetzen oder reißen; Hunde, die in aggressiver oder Gefahr drohender Weise Menschen angesprungen haben; Hunde, die eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder andere in ihrer Wirkung vergleichbare Eigenschaft entwickelt haben.
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Für die Haltung eines gefährlichen Hundes ist eine Erlaubnis erforderlich. Diese muss bei der zuständigen Behörde wie Gemeindeverwaltung, Verbandsgemeindeverwaltung oder Stadtverwaltung beantragt werden. Voraussetzungen: Ein berechtigtes Interesse an der Haltung eines gefährlichen Hundes besteht. Der Antragsteller ist volljährig und besitzt die zur Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Sachkunde. Zudem darf kein Zweifel an der erforderlichen Zuverlässigkeit bestehen. Nachgewiesen werden muss auch eine Haftpflichtversicherung.
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Maulkorb- und Anleinpflicht: Gefährliche Hunde sind nach dem Gesetz außerhalb des Grundstücks sowie bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern und Fluren sowie in sonstigen, von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen anzuleinen und haben einen das Beißen verhindernden Maulkorb zu tragen. Die örtliche Ordnungsbehörde kann Ausnahmen vom Maulkorbzwang zulassen, wenn im Einzelfall eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist.
Extra Kampfhundegesetz

Historie: Als im Sommer des Jahres 2000 in Hamburg der sechsjährige Volkan vom Pitbull-Terrier eines für die Haltung eines solchen Tieres vollkommen ungeeigneten jungen Mannes totgebissen wurde, gab es in ganz Deutschland einen Aufschrei.
Nach der langjährigen Diskussion um eine bundesweite Kampfhundeverordnung gab es plötzlich Einigkeit quer durch alle Parteien. Im Frühjahr 2001 trat das Bundesgesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde in Kraft. Es verbietet die Einfuhr gefährlicher Hunde und die Kreuzung von Tieren der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier untereinander oder mit anderen Hunderassen.
Rheinland-Pfalz war zu diesem Zeitpunkt bereits restriktiver. Unter dem damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck hatte die Regierung bereits im Dezember 2004 das Landesgesetz über gefährliche Hunde (LHundG) beschlossen, dessen Vorgaben bis heute gelten.Weitere Hintergründe:

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