Teures Studium fern der Heimat

MAINZ. Mit neuen Finanzierungswegen will Rheinland-Pfalz zumindest seinen Landeskinder allgemeine Studiengebühren ersparen. Der Zugang zur Hochschule dürfe sozial Schwächeren nicht erschwert werden, so Regierungschef Kurt Beck.

Der Ministerpräsident und sein Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner hatten das aus ihrer Sicht wenig erbauliche Urteil aus Karlsruhe "erwartet". Die Chancengleichheit für Jugendliche aus einkommensschwachen Schichten leidet nach ihrer Überzeugung, wenn die Länder ihre neue Freiheit nutzen und Studiengebühren erheben. Der allgemeine Ruf nach einem Ausbau des Stipendiensystems überzeugt Zöllner nicht. Zudem fürchtet er, dass Studiengebühren rasch von den Ländern genutzt würden, ihre eigenen Ausgaben für die Hochschulen zu bremsen. So präsentierte der Minister nur wenige Stunden nach der Entscheidung der Verfassungsrichter ein für Deutschland neuartiges Kostenausgleich-Modell, um das gebührenfreie Erststudium zumindest in Rheinland-Pfalz und anderen SPD-geführten Ländern zu sichern. Notfalls sollen Studiengebühren für Nicht-Landeskinder verhindern, dass die Hochschulen zwischen Rhein und Mosel künftig von "Gebühren-flüchtigen" Studenten überlaufen werden, wenn die CDU-Länder beginnen, Beiträge zu kassieren. Ausnahmen soll es nur für besonders Begabte, soziale Härtefälle und Studenten aus Entwicklungsländern geben. Bereits jetzt kommt laut Zöllner jeder zweite Student im Land von außerhalb. Würden von ihnen 650 Euro Studiengebühren je Semester verlangt, kämen rund 30 Millionen Euro zusammen. Doch statt auf das Abkassieren von Nicht-Landeskindern setzt er auf ein neues Kostenausgleich-Modell, bei dem jedes Land für seinen akademischen Nachwuchs, der außerhalb der Landesgrenze studiert, zahlen muss. Im Blick hat er dabei das Schweizer Vorbild. Dort muss der "Heimat"-Kanton nach Studienfächern gestaffelte Ausgleichszahlungen für jeden seiner Studenten leisten, der "auswärts" studiert - und zwar nach dem tatsächlichen Wert des Studienplatzes zwischen umgerechnet 8000 Euro für Geisteswissenschaftler und 40 000 Euro für einen Platz in Medizin. Ein solches System würde aus Zöllners Sicht auch hierzulande jede Hochschule dazu bringen, mit Qualität um Studenten zu werben, gibt es doch mit jedem Studienplatz etwas zu verdienen. Noch steht allerdings in den Sternen, ob sein Vorschlag Aussichten hat, in einem Staatsvertrag aller Länder zu münden. Der bürokratische Aufwand des Finanzausgleichs sei gering, versichert der Minister. Während sich die Grünen vorbehaltlos zu einem gebührenfreien Erststudium bekennen, will die CDU-Landeschef Christoph Böhr nachgelagerte Studiengebühren, die abhängig vom Einkommen nach dem Berufseinstieg fällig werden, nicht ausschließen.

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