Unternehmer prangern rot-grünes Streichkonzert beim Straßenbau an

Mainz · Staus, Sperrungen, Verspätungen: Autofahrer wissen davon ein Lied zu singen. Die Wirtschaft warnt, die Landesregierung vernachlässige den Straßenbau und gefährde die Standortqualität und Zukunft des Landes. Rot-Grün wehrt sich.

 Nach dem Willen der FDP im Stadtrat sollen LKW-Fahrer zwischen Konz und Trier Maut bezahlen.TV-Foto: Friedemann Vetter

Nach dem Willen der FDP im Stadtrat sollen LKW-Fahrer zwischen Konz und Trier Maut bezahlen.TV-Foto: Friedemann Vetter

Um ein Problem zu verdeutlichen, hilft manchmal ein einfaches Rechenbeispiel. Karl- Wilhelm Faber hat eines parat. Regelmäßig müsse bei einer Straße die Verschleißschicht erneuert werden, erklärt der Präsident des Landesverbandes der Bauindustrie. Wenige Hundert Meter kosteten 40 000 Euro. In den vergangenen Jahren sei aber genau das in Rheinland-Pfalz oft nicht gemacht worden, sagt Faber. Deshalb müsse jeweils komplett saniert werden, und das koste für die gleiche Strecke 400 000 Euro. Der Investitionsstau bei Straßen und Brücken ist schon vom Landesrechnungshof in dessen Jahresbericht 2012 aufgezeigt worden. Die Prüfer hatten einen zunehmenden Substanzverzehr beklagt. Karl-Wilhelm Faber nimmt das auf und flüchtet sich in Galgenhumor: "Ich habe noch nie gehört, dass ein Rechnungshof eine Regierung auffordert, mehr Geld auszugeben." Besonders jämmerlich fällt nach Ansicht von Unternehmern der Zustand vieler Orts- und Kreisstraßen aus. Von Schlaglöchern, zu eng gebauten Fahrbahnen und Kreiseln, überlasteten Straßen und Dauerbaustellen sei in einer nicht repräsentativen Umfrage die Rede, sagt Gerhard F. Braun, Präsident des Unternehmerverbandes LVU. Bürger und Firmen seien jedoch dringend auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen. "Gute Straßen sind entscheidend für den Warenverkehr. Die Schiene hat nicht genug Kapazitäten", erklärt Braun. Zudem sei für die Unternehmen die Frage guter Erreichbarkeit "auch eine, um gute Fach- und Führungskräfte zu bekommen", sagt Braun. Den Schuldigen innerhalb der Landesregierung hat man bereits ausgemacht: Es sei eindeutig, dass den Grünen die Kürzungen im Straßenbau zu verdanken seien, wettert Willi Kuhn, IHK-Präsident der Pfalz. Kritisiert wird auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Sie habe in einem Interview gesagt, Bildung sei wichtiger als Straßen. "Beides ist gleich wichtig", bekräftigt Kuhn. In einem Positionspapier fordert die Wirtschaft, innerhalb von fünf Jahren alle Straßen und Brücken in kritischem und binnen zehn Jahren die in schlechtem Zustand zu sanieren. Zudem müssten wichtige Großprojekte wie der sechsstreifige Ausbau der A643 (Schiersteiner Brücke) oder der Bau einer zweiten Rheinbrücke bei Wörth umgesetzt werden. Auch der Renovierungsstau bei den Kreis- und Kommunalstraßen müsse beseitigt werden. Verkehrsminister Roger Lewentz (SPD) kann den Ärger nicht nachvollziehen. Die Positionen der IHK und der Landesregierung seien keineswegs gegensätzlich. Allerdings mache es keinen Sinn, mehr Projekte beim Bundesverkehrswegeplan anzumelden, wenn absehbar sei, dass der Bund kein Geld dafür habe. CDU-Chefin Julia Klöckner fordert, die Landesregierung müsse angesichts des "dramatischen Appells" der Wirtschaft umsteuern und mehr in die Straßen investieren. Ähnlich argumentiert der FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing. "Infrastruktur ist die Grundlage des Wohlstandes", betont er.

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