Yeboah-Prozess Überlebende des Brandanschlags: „Das war der schlimmste Tag in meinem Leben“

Saarlouis/Koblenz · Im Prozess um den tödlichen Brandanschlag in Saarlouis 1991 haben am Montag drei Überlebende ausgesagt. Sie schilderten vor dem Oberlandesgericht Koblenz ihre Eindrücke aus der Tatnacht.

 Am Montag haben drei Überlebende des Brandanschlags auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis 1991 vor dem Koblenzer Oberlandesgericht ihre Erinnerungen an die fragliche Nacht geschildert.

Am Montag haben drei Überlebende des Brandanschlags auf ein Asylbewerberheim in Saarlouis 1991 vor dem Koblenzer Oberlandesgericht ihre Erinnerungen an die fragliche Nacht geschildert.

Foto: dpa/Thomas Frey

Am 19. September 1991 hat es einen Brandanschlag auf die Asylbewerberunterkunft in Saarlouis gegeben. Mehr als 31 Jahre später steht der mutmaßliche Brandstifter, Peter S., wegen Mordes und 20-fachen versuchten Mordes vor Gericht.

„Ich wusste, dass es Yeboah war“

Am Montag, 12. Dezember, schildern drei Überlebende des damaligen Brandanschlags, die sich dem Prozess als Nebenkläger angeschlossen haben, vor Gericht ihre Erinnerungen an die fragliche Nacht. Namentlich wollen die Nebenkläger nicht genannt werden – nach über 30 Jahren hätten ihre Mandanten ein Recht darauf, nicht überall, wo sie hinkämen, nur noch als Betroffene dieser Straftat gesehen zu werden, erklärt Nebenklage-Anwalt Alexander Hoffmann.

„Ich bin von Hilferufen geweckt worden“, erinnert sich Herr K., der im zweiten Stock wohnte. „Ich bin aufgestanden, um zu sehen, was im Flur los ist.“ Als er die Tür öffnen wollte, sei der Griff jedoch so heiß gewesen, dass man ihn nicht habe anfassen können, unter der Tür sei bereits Rauch hervorgedrungen. Um sich vor den Flammen zu retten, sprang K. aus dem zweiten Stock aus dem Fenster. „Überall war Feuer“, sagt er. Die Hilferufe? Wenige Minuten darauf verstummt. „Ich wusste, dass es Yeboah war“, sagt K. im Zeugenstand. Samuel Yeboah, der von den Flammen im Dachgeschoss eingeschlossen wurde, überlebte die Nacht nicht.

Wie Bewohner des Asylbewerberheims den Anschlag erlebten

K. selbst blieb unverletzt, wie er sagt: „Ich habe Glück gehabt.“ Zwei weitere Bewohner zogen sich bei der Flucht vor dem Feuer mehrfache Knochenbrüche in den Beinen zu. „Das war heftig, dieser Tag“, sagt X., ein weiterer Nebenkläger. Er sagt aus, kurz vor dem Ausbruch des Feuers einen Mann und eine Frau vom Tatort wegrennen gesehen zu haben. Herr A., der dritte Nebenkläger, konnte über die Feuerleiter entkommen. Er sagt: „Das war der schlimmste Tag in meinem Leben.“ Bis 19 Uhr habe er in der Polizeistation gesessen. Ohne Essen, ohne Getränke, ohne Medikamente.

Wie geht es den Überlebenden des Brandanschlags heute? „Die Bilder werden nie aus meinem Kopf verschwinden, die nehme ich mit ins Grab“, sagt K. Und A. habe bis heute Angst, wenn er Feuerwehrsirenen höre. Ob es im Nachgang Hilfe, psychologische Unterstützung gab, will Rechtsanwalt Hoffmann wissen. „Es ist niemand gekommen“, antwortet K.

„Die Zeugenaussagen der Nebenkläger haben ein bedrückendes Bild gezeichnet“, sagt Heike Kleffner vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG). „Die Überlebenden waren nach dem tödlichen rassistischen Brandanschlag komplett auf sich alleine gestellt. Und sie waren auch danach im Übergangswohnheim rassistischer Gewalt ausgesetzt, denn das Desinteresse der Ermittlungsbehörden ermutigte die örtliche Neonaziszene, ihr politisches Ziel weiterzuverfolgen, mit Brandanschlägen und Gewalt alle Geflüchteten aus Saarlouis zu vertreiben.“

Nach dem Brand in der Asylbewerberunterkunft wurden einige der Überlebenden in einem Wohnheim für Geflüchtete in der Saarlouiser Gutenbergstraße untergebracht. Nicht einmal einen Monat später, am 11. Oktober, soll dort Recherchen der Saarbrücker Hefte zufolge ein Mob rechter Skinheads mit Schlagwaffen aufmarschiert sein und die Bewohner bedroht haben. Ein Jahr darauf, um den 29. August 1992, gibt es auch auf das Heim in der Gutenbergstraße einen Brandanschlag – mit Molotowcocktails. Dem Nebenkläger A., der sich zu diesem Zeitpunkt in dem fraglichen Zimmer aufhält, gelingt es diesmal, das Feuer zusammen mit anderen zu löschen.

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