"Alleine verlieren wir den Glauben"

Trier · Für Katholiken beginnt die Diaspora bereits im Norden und Osten der Bundesrepublik - immer weniger Menschen gehören dort der Kirche an. Das Bonifatiuswerk unterstützt diese Gläubigen in der Minderheit. In Trier wurde nun die bundesweite Diaspora-Aktion eröffnet.

 „Keiner kann alleine glauben“: Bischof Stephan Ackermann bei der Eröffnung der Diaspora-Aktion im Trierer Dom. TV-Foto: Kim-Björn Becker

„Keiner kann alleine glauben“: Bischof Stephan Ackermann bei der Eröffnung der Diaspora-Aktion im Trierer Dom. TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. Mit einem Festgottesdienst im Trierer Dom hat der Trierer Bischof Stephan Ackermann am Sonntag die bundesweite Diaspora-Aktion des Bonifatiuswerks eröffnet. Das Hilfswerk mit Sitz in Paderborn kümmert sich im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz um Katholiken in Nord- und Ostdeutschland sowie in Skandinavien, die dort oftmals in der Minderheit sind, also eine Diaspora bilden. Ziel der Diaspora-Aktion, die jedes Jahr Anfang November ausgerufen wird, ist es, die Arbeit des Hilfswerks vorzustellen und Spenden zu sammeln.
"Alleine verlieren wir den Glauben. Es braucht die Gemeinschaft, die den Einzelnen stärkt und stützt", sagte Bischof Ackermann in seiner Predigt vor etwa 700 Zuhörern. Kleine Gemeinden in der Diaspora hätten kaum finanzielle Möglichkeiten, zudem müssten die Mitglieder oft sehr weite Wege zurücklegen, um einen Gottesdienst besuchen zu können. "Gleichzeitig geht der Glaube dort nicht unter, er ist sogar sehr lebendig", sagte Ackermann. Der Generalsekretär des Bonifatiuswerks, Monsignore Georg Austen, sagte im Trierer Dom, das Hilfswerk setze ein "deutliches Zeichen der Solidarität". Unter anderem unterstütze es versprengte Gemeinden, indem es ihnen Fahrzeuge zur Verfügung stelle. Etwa 500 Kleinbusse des Hilfswerks seien bundesweit unterwegs, darunter etwa ein Dutzend im Bistum Trier.
Zahl der Kirchgänger schrumpft


Im Anschluss an das Pontifikalamt im Trierer Dom zogen die Verantwortlichen von Hilfswerk und Bistum weiter in die Promotionsaula des Bischöflichen Priesterseminars. Dort fand mit etwa 100 Gästen der zweite Teil der Auftaktveranstaltung statt. "Die Zahl der Gottesdienstbesucher schrumpft beständig", mahnte der Präsident des Bonifatiuswerks, Georg Freiherr von und zu Brenken. Seien im Jahr 1990 noch fast 22 Prozent aller Katholiken regelmäßig in die Sonntagsmesse gegangen, so seien es derzeit nur noch rund zwölf Prozent. "Glaube, so scheint es, ist immer weniger sichtbar", sagte er. Deshalb sei es wichtig, die Weitergabe des katholischen Glaubens zu fördern. "Diese Aufgabe mag sich derzeit noch vor allem auf die nord- und ostdeutschen Regionen fokussieren, zugleich ist sie aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe."
Die Festansprache hielt die rheinland-pfälzische Sozialministerin Malu Dreyer (SPD). Sie vertrat Ministerpräsident Kurt Beck, der sein Kommen zuvor wieder abgesagt hatte. In ihrer Rede zog die Ministerin eine Parallele zwischen der Diaspora-Aktion und dem deutschen Sozialstaat, da beides nur dann funktionieren könne, wenn die Menschen solidarisch miteinander seien. "Solidarität erschöpft sich nicht in politischer Ordnung. Wenn die Bürger im Alltag kein Interesse an Solidarität haben, bleiben politische Programme ohne Inhalt". Deshalb müsse der Staat diejenigen schützen, die gesellschaftliche Werte weitergeben. Das seien vor allem die Kirchen, sagte Dreyer. Die Diaspora-Aktion des Bonifatiuswerks sei bedeutsam, weil sie auf eine "spirituelle Solidarität" abziele.Extra

Während der zweiwöchigen Diaspora-Aktion finden bundesweit Informationsveranstaltungen über das Leben von Katholiken in der Diaspora statt. Am Diaspora-Sonntag, 20. November, werden die Kollekten aus allen katholischen Gottesdiensten dem Bonifatiuswerk zuteil. Im vergangenen Jahr nahm das Hilfswerk rund 14 Millionen Euro ein und verteilte davon etwa neun Millionen. kbb

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