Hoffnungsschimmer Schrebergarten

Die meisten von uns nehmen sie nur am Rande wahr. Der neue Verein "Trier bewegt" kümmert sich dagegen um die Obdachlosen in der Stadt (der TV berichtete). Wir haben einige Männer getroffen, die der Verein unterstützt. Einer von ihnen ist Robert.

 Der Obdachlose Robert arbeitet gelegentlich in einem kleinen Schrebergarten. TV-Foto: Tobias Thieme

Der Obdachlose Robert arbeitet gelegentlich in einem kleinen Schrebergarten. TV-Foto: Tobias Thieme

Trier. Robert lebt mit zwei anderen Obdachlosen im Hinterhof eines leerstehenden Hauses in Trier. Er ist ein Sonderling, redet manchmal wirres Zeug. Aber er spricht auch vier Sprachen und kennt fast alle europäischen Länder. Fünf Jahre lang ist der Tscheche von Ort zu Ort gereist.

Er sieht die Früchte seiner Arbeit



Häufig trifft man Robert in einem kleinen Schrebergarten, in dem er sich ein bis zweimal in der Woche um die Pflanzen kümmert. Gießen, Harken, etwas Unkrautjäten: Für Robert ist das Entspannung. Und er sieht die Früchte seiner Arbeit. Die Radieschen sind reif für die Ernte.

Für ein Weilchen lässt er sich im Schatten eines Baumes nieder, nimmt einen Schluck aus dem Karton mit billigem Rotwein. Er spricht fast akzentfrei Deutsch. Robert ist 32 Jahre alt. Geboren wurde er in Marienbad, im tschechischen Sudetenland. Weil sein Vater früh starb und seine Mutter Suizid beging, lebte er bei seinem Onkel.

"Mit 16 Jahren bin ich zum ersten Mal abgehauen. Ich wollte die große weite Welt sehen", erinnert sich Robert. Sein Onkel hat ihn damals schnell wieder eingefangen. Die Sehnsucht blieb. Trotzdem machte er seinen Schulabschluss, war ein Jahr als Koch beim Militär und schaffte eine Ausbildung in der Gastronomie. Er pendelte zwischen Bayern und seiner Heimat, lebte immer dort, wo es gerade Arbeit für ihn gab. Dabei fing er an zu schlingern. Er nahm Kokain. Und Pervitin, die Droge der Wehrmachtsoldaten, die heute als Yaba oder Chrystal bekannt ist.

Die Amphetamine haben ihre Spuren hinterlassen. Warum er heute täglich den Alkohol braucht? "Weil ich die Monster loswerden will, die in meinem Körper stecken", sagt er.

Das gute Deutsch hat er von der Großmutter, ein bisschen Englisch aus der Schule. Spanisch und Französisch hat er auf seiner langen Reise durch ganz Europa gelernt. Nur Griechenland und die Türkei fehlen noch.

"Ich habe gejobbt, hier und da. Oder auf der Straße Flöte gespielt", sagt er. Robert kann gut spielen, hat sogar Stücke von Bach im Repertoire. Er schlief bei denen, die ihm Arbeit gaben oder unter freiem Himmel. Portugiesische Bauern prellten ihn um seinen Lohn, auf dem Weg nach Loch Ness stahlen ihm Ganoven seinen Rucksack, und seine Reise ans Nordkap gab er schon in Oslo auf - zu Fuß war es ihm doch zu weit.

Eigentlich wollte er irgendwann nach Holland. Ein Autofahrer nahm ihn mit bis nach Trier. "Jetzt sitze ich seit zwei Jahren in der ältesten Stadt Deutschlands. Ist schön hier." Die Reiselust ist ihm vergangen. Er hat eine Frau kennengelernt und will bleiben.

Doch in ein geregeltes Leben zurückzufinden ist schwer. Robert hat keine Krankenversicherung, keine Ausweisdokumente.

"Ich will jetzt etwas Geld sparen, um in Tschechien nach meinen Dokumenten zu suchen. Die sollten eigentlich noch bei einem Bekannten liegen."

Bis es so weit ist, teilt er sich mit anderen Obdachlosen einen Schlafplatz. Sie kochen gemeinsam das, was sie aus den Containern der Supermärkte oder von der "Tafel" holen. Robert grinst: "Beim Kochen sind wir richtig gut."

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