Nur mit der Lizenz zum Tönen - Illegale Straßenmusik sorgt weiterhin für Ärger in Trier

Trier · Vielen Menschen, die in der Fußgängerzone wohnen oder arbeiten, graut schon jetzt vor dem Sommer. Denn dann sehen sie sich wieder massiv dem "Straßenmusik-Terror" ausgesetzt. Ordnungsdezernent Thomas Egger macht Hoffnung auf ein künftig konsequenteres Vorgehen der Stadt gegen illegale Spieler.

 Mit dem Segen des Ordnungsamtes und zu bestimmten Uhrzeiten an festgelegten Standort: Pit the Man from the Street darf in der Fußgängerzone spielen. TV-Fotos (2): Roland Morgen

Mit dem Segen des Ordnungsamtes und zu bestimmten Uhrzeiten an festgelegten Standort: Pit the Man from the Street darf in der Fußgängerzone spielen. TV-Fotos (2): Roland Morgen

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Trier. Später Freitagvormittag in der Fleischstraße: Vor dem Posthof (ehemalige Hauptpost) spielt Pit the Man from the Street Folksongs der 60er: Bob Dylan, Donovan & Co. Nur ein Katzensprung entfernt vor dem Musikhaus Reisser gibt ein Akkordeonist, der seinen Namen nicht nennen will und überhaupt bei Fragen abwinkt, die Schicksalsmelodie (Titelmusik aus "Love Story") in der Endlosschleife. Nach 45 Minuten hat Pit das Feld geräumt, sein Kollege musiziert munter weiter vor Reisser. Der Schicksalsmelodiker dürfte auch an diesem Tag unbehelligt bleiben.

Und das nicht nur, weil Brückentag ist, den auch Bedienstete der Stadtverwaltung gerne nutzen. Es gibt überhaupt "zu wenig Personal", wie Ordnungsdezernent Thomas Egger offiziell eingestehen musste. Anlass der Erklärung war eine Anfrage von Stadtratsmitglied Richard Leuckefeld (Grüne) zum Thema Straßenmusik im Dezernatsausschuss. Die Antwort Eggers offenbart ein Organisationswirrwar stattlichen Ausmaßes. Wer in der Fußgängerzone musizieren will, braucht dazu eine Genehmigung. Die auszustellen und zu genehmigen war früher Sache des Tiefbauamtes, seit Jahresbeginn ist das Ordnungsamt zuständig, das sich - O-Ton Egger - "auch durch den Wechsel des Amtsleiters in der Restrukturierung befindet". Nach der Klärung von organisatorischen Fragen steht jetzt noch "die Abstimmung der Kontrollen mit dem kommunalen Vollzugsdienst aus". Was im Klartext so viel bedeutet wie: Kontrollen waren im bisherigen Jahresverlauf nur Glückssache.

Für die Zukunft aber stellt der Dezernent ein konsequenteres Vorgehen in Aussicht. Vier neue Stellen für den Vollzugsdienst seien genehmigt, weitere vier wolle er beim Stadtrat beantragen, um eine Mannschaftsstärke zu erreichen, "die den zahlreichen Kontrollerwartungen entspricht".

In der Tat ist der Handlungsbedarf beträchtlich. Aus der gesamten Fußgängerzone hagelt es Beschwerden, besonders geballt vom Kornmarkt. Dort hat die Mitarbeiterin eines Unternehmens auf Bitten von Richard Leuckefeld an zwei April-Tagen Protokoll geführt. Resultat: Ruhezeiten (13 bis 16 Uhr) werden ebenso wenig eingehalten wie maximale Spieldauer (45 Minuten), außerdem werden häufig unerlaubt Verstärker eingesetzt. Besonders penetrant: Duos (Klarinette/Akkordeon). Das persönliche Fazit der Frau: "Es sind immer dieselben Gruppen mit immer derselben Musik, die Anwohner und die arbeitende Bevölkerung an den Rand des Wahnsinns treiben." Ein Bewohner der Brotstraße spricht von "regelrechtem Psychoterror", eine Frau, die in der Grabenstraße arbeitet, von einer "unerträglichen Belästigung".Satzung wird überarbeitet


Auffallend: Alle betonen, nichts gegen Straßenmusik zu haben. Aber sie solle den Spielregeln entsprechend ablaufen, also legal, und nicht auch noch an Sonn- und Feiertagen für Verdruss sorgen.
Sollten Eggers Ankündigung Taten folgen, dürfte es künftig in Sachen Straßenmusik in der Fußgängerzone fairer zugehen. Die personelle Verstärkung soll dabei nur ein Aspekt sein. Die 2011 aufgestellte Sondernutzungssatzung, in der die geltenden Kriterien für den Spielbetrieb festgelegt sind, wird überarbeitet. Egger: "Im Zuge der Neufassung können wir uns im Fachausschuss darüber verständigen, ob die Spieldauer zu lang ist und ob die derzeitigen Standorte die richtigen sind."Meinung

Nicht nur Gedudel im Kontroll-Vakuum
Warten, bis jemand von der Stadt vorbeikommt und das illegale Gedudel abstellt - das war den Mitarbeitern eines in der Fleischstraße ansässigen Unternehmens zu wenig erfolgversprechend. Also legten sie aus privater Tasche zusammen und gaben den Musikanten vor ihrer Tür das Geld, damit sie einpacken und verschwinden. Hat funktioniert, wird aber künftig vielleicht nicht mehr nötig sein. Denn der kommunale Vollzugsdienst kontrolliert nicht nur - er hat im Gegensatz zu den Kollegen vom Tiefbauamt auch Befugnisse. Er kann Platzverweise aussprechen und Instrumente einziehen. Das Ende des Dudelns im Kontroll-Vakuum bedeutet aber nicht das Ende anderer Probleme der Fußgängerzone. Auf den Vollzugsdienst kommen noch weitere Aufgaben zu. Zum Beispiel den Lieferverkehr-Wildwuchs eindämmen. Oder mal den fliegenden Händlern auf den Zahn fühlen, die am Wochenende zum Beispiel Brezeln verkaufen. Wohl kaum mit Genehmigung. r.morgen@volksfreund.deExtra

 „Schicksalsmelodie" in der Dauerschleife: In diesem Fall geht es garantiert nicht ordnungsgemäß zu.

„Schicksalsmelodie" in der Dauerschleife: In diesem Fall geht es garantiert nicht ordnungsgemäß zu.

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Wer sich in der Trierer Fußgängerzone als Straßenmusiker betätigen will, braucht dazu eine Genehmigung des städtischen Ordnungsamtes. Die beinhaltet klare Regeln: Gespielt werden darf nur zwischen 10.45 und 13 Uhr sowie von 16 bis 19 Uhr. Alle 45 Minuten ist der Standort zu wechseln. Musiker kommen somit auf täglich sieben Auftritte an vorgegebenen Stellen. Sonn- und Feiertage sind tabu, ebenso der Einsatz von Verstärkern. Rechtliche Grundlage ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen. Die Genehmigung gilt eine Woche lang und kostet 25 Euro. rm.

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