Stadt am Fluss - Nah am Wasser gebaut

Trier · Moselhauptstadt - damit macht Trier für sich Werbung. Die Lage am Fluss ist auch tatsächlich ein Pfund, mit dem Trier wuchern kann, es aber bisher nicht bis in letzte Konsequenz tut. Ideen und Initiativen gibt es, viele davon kosten aber Geld, das die Stadt nicht hat.

Aufbewahrungsbox für Büroutensilien: Trier wirbt auf diesem Büroklammer-Würfel für sich – unter anderem als Moselhauptstadt. TV-Foto: Marcus Stölb

Aufbewahrungsbox für Büroutensilien: Trier wirbt auf diesem Büroklammer-Würfel für sich – unter anderem als Moselhauptstadt. TV-Foto: Marcus Stölb

Foto: (h_st )

Trier. "Moselhauptstadt" steht auf einem in die Jahre gekommenen Aufkleber, "Moselmetropole" liest man allenthalben in Berichten über Trier. Dass die kleine Großstadt am längsten deutschen Nebenfluss des Rheins ohne die Mosel kaum vorstellbar wäre, liegt auf der Hand. Aus gutem Grund ließen sich die Treverer hier nieder, und als Dendrochronologen anhand einer Messung des Baumalters das Gründungsdatum der Augusta Treverorum bestimmten, da diente ihnen ein Holzstamm der ersten Römerbrücke als Beleg für das mutmaßliche Geburtsjahr der wahrscheinlich ältesten Stadt Deutschlands.Die Trierer sind stolz auf die Lage der Stadt an einer der schönsten Wasserstraßen Europas. Wer von der Mariensäule auf Stadt und Fluss hinabschaut oder von Zurlauben übers Wasser auf die Palliener Sandsteinfelsen blickt, weiß diesen unbezahlbaren Standortfaktor zu schätzen. Allein es gelang den Trierern bis heute nicht, hieraus im besten Sinne des Wortes Kapital zu schlagen - für sich als Städter, weniger für die Abertausenden Touristen, die es jedes Jahr zu Lande oder zu Wasser hierher verschlägt. Ob Frankfurt (Main), Heidelberg (Neckar) oder Regensburg (Donau) - überall fand man Wege, die Menschen näher an den Fluss zu bringen. Und so gleichermaßen die touristische Attraktivität und die Lebensqualität für die Einheimischen zu steigern.Auch in Trier mangelt es nicht an Ideen. 2009 präsentierte das Rathaus eine Rahmenstudie, die etliche Projekte vorschlägt: darunter eine Umgestaltung des Krahnenufers oder die Aufwertung der Römerbrücke, dem ein Schattendasein fristenden Weltkulturerbe Triers schlechthin. Auch der immer wieder diskutierte Irminensteg für Fußgänger- und Radfahrer taucht auf. Von "Leuchtturmprojekten" war die Rede, man wollte hoch hinaus - und blieb unter seinen Möglichkeiten. Konzept liegt vor

Denn obschon für die Römerbrücke ein städtebaulicher Wettbewerb ausgerichtet wurde und ein konkretes Konzept vorliegt, wird das Bauwerk absehbar weiter unter Wert präsentiert und über Gebühr genutzt. Nur ein großzügiger Zuschuss aus Mainz, Berlin oder Brüssel ließe eine Realisierung des Siegerentwurfs näherrücken. Ein erster Versuch, an eine Millionenförderung zu gelangen, misslang.Im Rahmen eines MORO-Projekts (Modellvorhaben der Raumordnung) wurden dann 2013 etliche Maßnahmen zur Aufwertung des nördlichen Moselufers entwickelt. Bisheriger Realisierungsgrad? Noch nahe null! Doch das Rathaus verspricht: "Die Umsetzung der einzelnen Bausteine" sei "weiterhin vorgesehen". Aktuell stimme man sich mit der zuständigen Landesbehörde über Förderanträge und Mittel zur Umgestaltung des Moselvorlandes in Höhe von Nordbad und Feuvrier-Kaserne ab. Als Schutzmaßnahme gegen Hochwasser sei zudem die "Ertüchtigung" des Damms vom Zurlaubener Ufer bis Trier-Nord geplant. Bei dieser Gelegenheit werde dort in den nächsten Jahren auch der Fuß- und Radfahrbereich modernisiert, kündigt die Stadt an.Immerhin: 2010 wurden die Mittel für die Reinigung des Moselufers erhöht. Eine Entscheidung, die Wirkung zeigt: Nach Einschätzung des Stadtreinigungsamtes hat sich die Aufenthaltsqualität auf den grünen Uferstreifen seither deutlich verbessert. "Partyrückstände" seien seltener geworden. Natürlich gibt es weiterhin Zeitgenossen, die ihren Dreck auf den Wiesen hinterlassen, aber "der Gesamteindruck am Moselufer hat sich erheblich verbessert", heißt es aus der Verwaltung.Allerdings bleibt auch der Gesamteindruck, dass das Potenzial der Stadt am Fluss noch nicht annähernd ausgeschöpft wird. Wer per Pedes oder mit dem Velo zwischen Konrad-Adenauer- und Kaiser-Wilhelm-Brücke unterwegs ist, ärgert sich über beengte Wege und Beinahe-Kollisionen. Besserung in Sicht? Ja und nein. Zwar habe es bereits "sukzessiv eine Verbreiterung des Radweges" im Norden oder im Bereich des neuen Pegelhauses im Süden gegeben, teilt die Stadt mit. Doch leider lasse sich der Uferweg auf der gesamten Länge "aufgrund von rechtlichen sowie zeit- und kostenintensiven Rahmenbedingungen nicht an einem Stück verbessern". Schrittweise verbessert würden aber die Sitzgelegenheiten, zuletzt geschah dies am Zurlaubener Ufer. Doch auch hier dämpft man am Augustinerhof die Erwartungen: Es sei "eine Abwägung unterschiedlicher Nutzeransprüche auf engstem Raum zu beachten, denn das Ufer ist oft sehr schmal". Hinzu komme, "dass im Abflussbereich der Mosel jedes Hindernis im Hochwasserfall und damit auch Bänke zu entfernen sind, was wiederum erhöhte Kosten für die Stadt mit sich bringt".Wege zum attraktiven Ufer

Nun wird es ein attraktiveres Moselufer nicht zum Nulltarif geben, und Trier sollte sich seine Lage am Fluss auch etwas kosten lassen. Kaum jemand erwartet den "großen Wurf" - die Trierer wissen schließlich um die leeren Kassen ihrer Stadt. Mit kleinen, kreativen und durchdachten Maßnahmen ließe sich einiges bewegen, doch für manch größere Maßnahme, beispielsweise für eine bessere Erreichbarkeit des Flussufers, muss die Stadt Geld in die Hand nehmen.Vor allem junge Moselstädter, unter ihnen viele Wahl-Trierer, nehmen das Ufer längst in Beschlag. Bisweilen braucht es nur ein paar nette Bänke, gemähte Wiesen und einen Kiosk in der Nähe wie in Trier-Nord, um an sonnigen Tagen Heerscharen von Menschen ans Wasser zu locken. Doch die selbst ernannte Moselmetropole beginnt nicht erst in Zurlauben und endet nicht am Nordbad. Flussaufwärts liegt auf beiden Seiten noch viel Potenzial. Mag Trier auch nah am Wasser gebaut sein, bis zur Stadt am Fluss scheint es noch ein weiter Weg. Extra

Oberbürgermeister Wolfram Leibe. TV-Foto: Friedemann Vetter

Oberbürgermeister Wolfram Leibe. TV-Foto: Friedemann Vetter

... Oberbürgermeister Wolfram Leibe: Herr Leibe, was wäre Trier ohne die Mosel? Wolfram Leibe: Eine Stadt ohne Schlagader! Wenn Sie einem Besucher der Stadt die schönste Stelle Triers am Fluss zeigen möchten, an welchen Ort gehen Sie dann mit ihm? Leibe: Nach Zurlauben. In dem kleinen pittoresken ehemaligen Fischerdorf kann man nach einem langen Tag auf einer der bewirtschafteten Terrassen auf den Fluss schauen und die Seele baumeln lassen. Welches sind für Sie die dringlichsten Maßnahmen, um die Aufenthaltsqualität am Flussufer zu erhöhen? Leibe: Der Fluss muss wieder stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung rücken. Ein Weg sind - neben ansprechender ,Möblierung' - von der Stadt oder von Privaten organisierte Events am Moselufer, etwa regelmäßige Konzerte und Veranstaltungen für verschiedene Altersgruppen, von Klassik über Pop bis Kleinkunst. Auch regelmäßige sportliche Wettkämpfe an und auf der Mosel wie Beachvolleyball oder Ruderregatten sind denkbar und machbar. mst

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