Theater auf Tuchfühlung

Trier · Es gab zu lachen, Ergreifendes fürs Herz und etwas fürs Auge. Der Versuch, die Trierer in ihrer Geschäftigkeit abzuholen und auf ihr Stadttheater aufmerksam zu machen, ist geglückt. An die tausend Menschen verfolgten am Samstag auf dem Kornmarkt die Aufführungen der Künstler aus den Sparten Schauspiel, Musik- und Tanztheater. Am Sonntag ging es weiter.

 Umsonst und draußen: Beim Theaterfest am Kornmarkt präsentierte das Musiktheater eine Kurzversion der Oper Carmen. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Umsonst und draußen: Beim Theaterfest am Kornmarkt präsentierte das Musiktheater eine Kurzversion der Oper Carmen. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Trier. Samstagabend, 18 Uhr, Sonnenschein. In der Innenstadt herrscht die übliche betriebsame Geschäftigkeit. Aber auf dem Kornmarkt bleiben die Menschen stehen.
Hier präsentiert sich das Stadttheater auf einer Bühne vor dem Brunnen mit dem Rücken zum ehemaligen Postgebäude.
Mit drei Aufführungen ziehen die Tänzer, Sänger, Musiker und Schauspieler Neugierige an und werben in eigener Sache. Wer in der Außengastronomie der umliegenden Kneipen keinen Platz mehr gefunden hat, muss stehen. Dafür ist er nah dran.
So nah, dass ein kleiner Junge dem Cellisten des philharmonische Orchesters bei der Aufführung von Georges Bizets Oper Carmen seine heruntergefallenen Noten aufheben kann.
Trotz der vielen Menschen, die sich vor der Bühne aufgestellt oder direkt vor das Orchester gesetzt haben, herrscht tiefe Stille unter den Zuschauern. Verklärte Blicke, glückseliges Lächeln, gebanntes Lauschen der Umherstehenden quittieren den bewegenden Opernausschnitt, in dem keine der bekanntesten Melodien fehlt. Plötzlich durchbricht das dröhnende Knattern eines Motorrades die Musik. Laszlo Lukacs fährt in seiner Rolle als Torero mit dem Motorrad an den Zuschauern vorbei zur Bühne. Theater auf Tuchfühlung. Mezzosopranistin Kristina Stanek streift als verführerische Carmen flirtend durchs Publikum, verschenkt feurige Blicke und singt "je t\'aime". Clochards, Kinder, Shopper folgen ihr mit Blicken. Oper für alle. Bravorufe und begeisterte Pfiffe quittieren die Leistung von Chor, Solisten und Orchester.
Das Tanztheater stellt sich mit einer Choreographie von René Klötzer und Susanne Wessel vor, die auch beide die Hauptrollen in ihrer Version von "Romeo meets Julia" tanzen.
Feiern statt Probleme wälzen


Das Schauspiel wirbt ebenfalls mit einem Klassiker: Faust, allerdings hier als kurze Parodie aus der Feder des Trierer Dramaturgen Peter Oppermann. Karl Marx, Guildo Horn und Oberbürgermeister Klaus Jensen stehen in der Trier-Version mit Michael Ophelders als Faust und Mephista Sabine Brandauer auf der Bühne und stimmen "O Mosella" an. Schließlich heißt es ja Theaterfest. Da darf geschunkelt werden. Und weil es ums Feiern geht, hält Intendant Gerhard Weber nichts davon, Probleme anzusprechen, sagt er. Kulturdezernent Thomas Egger versichert ihm: "Sie konnten sich keine bessere Visitenkarte geben." Das Publikum ist seiner Meinung, und Dramaturg Peter Oppermann wünscht sich: "Ich hoffe, dass wir Sie alle im Theater sehen werden."
Einen Bericht über die Verleihung der Theatermaske an Barbara Ullmann lesen Sie auf
Extra

Herr Weber, warum haben Sie den Tag der offenen Tür des Stadttheaters als Theaterfest auf den Kornmarkt verlegt? Theaterintendant Gerhard Weber: Wir machen das, um mehr auf das Publikum zuzukommen und den Trierern zu zeigen, dass das Stadttheater ihr Theater ist. Was versprechen Sie sich außerdem davon? Weber: Ich hoffe, dass es unser Standing bei denen verstärkt, die bis jetzt noch nicht ins Theater gekommen sind. Und dass wir beim Publikum Interesse für unsere Tänzer, Orchester, Sänger und Schauspieler wecken können. Und wie bewerten Sie die Resonanz? Weber: Es sind viele gekommen. Die Leute finden die Idee rauszugehen gut und ihnen gefällt das Programm. Es ist es wert, wiederholt zu werden. sys

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