Warum zahlt die Stadt an eine Pfarrei?

Eine Stadt und tausend Fragen. Der TV hat eine Kettenreaktion ausgelöst: Wer eine Frage beantwortet, darf dem nächsten Leser eine Frage seiner Wahl stellen. Ob die Frage nun todernst ist oder gäggisch, ob sie an den Bischof geht oder an den Postboten - der Volksfreund wird versuchen, bis zum folgenden Samstag eine Antwort zu bekommen.

 Lichtdurchflutet: die Trierer Liebfrauen-Basilika. TV-Foto: Roland Morgen

Lichtdurchflutet: die Trierer Liebfrauen-Basilika. TV-Foto: Roland Morgen

 Martin Schüttö. Foto: privat

Martin Schüttö. Foto: privat

 Philipp Thull. Foto: privat

Philipp Thull. Foto: privat

Die Frage:
Philipp Thull ist in Trier aufgewachsen, hat die Stadt jedoch verlassen, nachdem er 2011 sein Studium als Diplom-Theologe beendet hatte. Inzwischen studiert der 26-Jährige in Münster Rechtswissenschaft und zugleich Kanonisches Recht. Bekannt sein dürfte Thull dem einen oder anderen Trierer auch, weil er 2011 seinen ersten Roman "Bürger zweier Welten" veröffentlicht hat, in dem der Philosoph Immanuel Kant die Hauptrolle spielt. 2012 hat er zudem einen Sammelband zur Heilig-Rock-Wallfahrt herausgegeben und plant weitere Veröffentlichungen zu theologischen Themen. Kein Wunder also, dass ihn die Trierer Kirchengeschichte interessiert. Thull will wissen: Warum zahlt die Stadt Trier der Pfarrei Liebfrauen bis auf den heutigen Tag jährlich einen dreistelligen Betrag?


Die Antwort:
Die Antwort kennt der 16-jährige Martin Schüttö. Er schreibt: "Die Zahlung ist zurückzuführen auf die Folge eines Hexerprozesses aus dem 16. Jahrhundert. Der vormals anerkannte Trierer Bürger, Stadtschultheiß, Hexenrichter, sowie Rektor der Trierer Universität Dietrich Flade, wurde am 4. Juli 1588 vom Trierer Erzbischof und Kurfürst Johann von Schöneburg verhaftet, nachdem sich Anklagen gegen ihn hinsichtlich der Hexerei gesammelt hatten. Bemerkenswert ist dabei, dass er selbst als Richter bei Hexerprozessen unzählige Menschen verurteilt hatte. Nach einem Fluchtversuch wurde er am 22. April 1589 abermals verhaftet und unter Einfluss von Folter verhört. Die Folter dürfte dabei zu einem umfassenden Geständnis beigetragen haben. Am 18. September 1589 wurde er als Hexer hingerichtet. Die Geldschuld rührt jedoch aus seiner Zeit als kurfürstlicher Rat. Flade hatte der Stadt 4000 Gulden geliehen. Im 16. Jahrhundert versuchte die Stadt Trier vor dem Reichstag die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen. Da für dieses Vorhaben eine große Geldmenge nötig war, lieh sich die Stadt 4000 Gulden von Dietrich Flade. Den Kampf um die Reichsunmittelbarkeit verlor die Stadt. Nach seinem Tod verlangte der Trierer Kurfürst von der Stadt, die Zinsen an die Stadtpfarreien zu zahlen. So zahlt Trier noch heute einen dreistelligen Betrag an die Pfarrei Liebfrauen, welcher im Haushalt der Stadt nachzulesen ist.

Martin Schüttö gratuliert dem Duke und der Duchess von Cambridge zur Geburt ihres Sohnes. Er wüsste gerne Folgendes: Welche Umstände brachten die englische Krone für einige Jahre in den Besitz des Erzbischofs von Trier?

Wer die Antwort kennt und selbst eine brennende Trier-Frage hat, kann sich an Katharina Hammermann wenden:
k.hammermann@volksfreund.de oder Telefon: 0651/7199-575. Mehr dazu lesen Sie kommenden Samstag. Katharina Hammermann

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