Trotz jährlicher Defizite: Trier-Saarburger Landrat macht sich für Millionen-Investitionen ins Saarburger Krankenhaus stark

Trier/Saarburg · Der Landkreis Trier-Saarburg muss jährlich hohe Beträge aufbringen, damit das Kreiskrankenhaus Saarburg bestehen bleiben kann. Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund erklärt Landrat Günther Schartz, warum in den kommenden Jahren mehrere Millionen Euro in das Haus investiert werden sollen.

Trotz jährlicher Defizite: Trier-Saarburger Landrat macht sich für Millionen-Investitionen ins Saarburger Krankenhaus stark
Foto: TV-Foto: Friedemann Vetter

Das Saarburger Krankenhaus ist ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsvorsorge und wichtiger Arbeitgeber im Saarburger Raum. Seine Finanzierung bereitet Mitgliedern Kreistag Trier-Saarburg immer wieder Sorge. Denn es müssen jährlich hohe Verluste ausgeglichen werden. Zudem stehen Millioneninvestitionen an.
Der Landkreis wird 2016 bis zu 1,6 Millionen Euro an die Krankenhaus GmbH zuschießen müssen. Die Zuschusshöhe wächst und wächst.

Wie ernst ist die Lage?
Schartz Der Jahresfehlbetrag entspricht mit 1,6 Millionen Euro den im Wirtschaftsplan für 2016 geplanten Verlust und somit den Erwartungen. Die Verluste der Gesellschaft bereinigt um Sonderfaktoren liegen seit 2013 auf einem konstanten Niveau. Grundsätzlich ist die wirtschaftlich schwierige Situation des Krankenhauses durch eine unzureichende Finanzierung der Betriebskosten eines kleineren Krankenhauses im ländlichen Raum und eine massive Unterfinanzierung für Investitionen durch das Land geprägt.

Mit welchen Zuschusshöhen rechnen sie für die kommenden Jahre?
Schartz Für 2017 wird mit einem Verlust von rund 1,45 Millionen Euro gerechnet. Ziel ist es, die Verluste des Krankenhauses bis zur Umsetzung des Konzepts und der dafür notwendigen Investitionen zu stabilisieren.

Ist das alles?
Schartz Neben der Abdeckung von Fehlbeträgen ist es wichtig, das Haus weiter zu entwickeln und zu investieren. Der Kreis finanziert daher auch Zuschüsse für Investitionen, die zur Umsetzung des Konzeptes notwendig sind in Höhe von rund 4,3 Millionen Euro. In den Folgejahren sind Investitionen in ähnlicher Höhe geplant. Darüber hinaus sind weitere Investitionen mit Hilfe von Investoren in den nächsten drei Jahren von rund 12,3 Millionen Euro geplant.

Der Kreis könnte seine Zahlungen an die Krankenhaus GmbH einstellen. Welche Folgen hätte das?
Schartz Die Folgen für den Kreis und das Krankenhaus wären nicht absehbar und reichen von harten Einschnitten bis hin zu einer Insolvenz. Zudem ist das Kreiskrankenhaus auch Bestandteil der regionalen Notfallversorgung.
Vor dem Hintergrund des Anspruches auf eine zeitgemäße und wohnortnahe Gesundheitsversorgung darf man das Kreiskrankenhaus nicht ausschließlich unter dem Finanzaspekt sehen.

Im Kreistag wurden Ergebnisse der Beratungsfirma Solidaris präsentiert, die sich den Betrieb des Krankenhauses angeschaut haben. Was ist von den Vorschlägen umgesetzt worden und was warum nicht?
Schartz Bei den Ergebnissen der Firma Solidaris handelt es sich um mehrere Einzelprojekte, die zum Teil abgeschlossen wurden, zum Teil erweitert und in Einzelfällen dort, wo sie sich nicht als zielführend erwiesen haben, beendet wurden. Die Umsetzung der Maßnahmen hat zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Situation beigetragen. Ansonsten wären die Verluste sicherlich deutlich höher ausgefallen.
Bei den Projekten handelt es um Einzelmaßnahmen, die auch in ihrer Summe nicht als Konzept bezeichnet werden können und lediglich das Ziel hatten, Prozesse und Strukturen im Bestand zu optimieren.

Ohne ständige Finanzspritzen wäre die GmbH innerhalb weniger Monate zahlungsunfähig. Wie lange kann oder will sich der Kreis diese Zuschüsse noch leisten?
Schartz Es handelt sich bei einem Krankenhaus um eine Einrichtung der sozialen Infrastruktur und der Daseinsvorsorge. Insoweit ist ein Krankenhaus vergleichbar mit Schulen oder Kindertagesstätten, die ebenfalls kommunal oder privat betreiben werden können. Genauso wie bei Kindergärten und Schulen oder der Jugendhilfe muss der Kreis also eine Abwägung treffen, wie er diese gesetzliche Aufgabe wahrnimmt.
Zwar besteht kein Rechtsanspruch auf einen Krankenhausplatz in einem bestimmten Krankenhaus, aber ein Anspruch auf eine zeitgemäße und wohnortnahe Gesundheitsversorgung. Auch bei einem Schwimmbad oder Theater fallen jährlich hohe Verluste an. Man darf aber erwarten, dass ein Betrieb einer solchen Einrichtung - und damit auch des Krankenhauses - mit der größtmöglichen Effizienz organisiert wird.

Wie kann man beispielsweise einem Hermeskeiler oder Schweicher klar machen, dass das Geld sinnvoll angelegt ist?
Schartz Das Krankenhaus Saarburg ist ein wichtiger Bestandteil der gesundheitlichen Versorgung im Kreis und ergänzt somit das Angebot der Krankenhäuser in Trier. Es geht darum, das Krankenhaus, das Seniorenzentrum und den Medizinischen Versorgungszentren zu einem sektorenübergreifenden Gesundheitszentrum für die Region weiter zu entwickeln und damit seine Bedeutung für den gesamten Kreis zu erhöhen.

Bisher gab es kein mit dem Landesministerium abgesprochenes Konzept für eine geplante Erweiterung.Wie ist da der Sachstand?
Schartz Das Konzept liegt vor, es befindet sich in der finalen Abstimmung von dem Ministerium und wird von dort auch nicht infrage gestellt. Offen sind lediglich zukünftige Fragen der Ausgestaltung in Bezug auf Bettenkapazitäten in einzelnen Fachbereichen. Offen sind auch noch Fragen der Finanzierung notwendiger baulicher Veränderungen.

Welche Rolle spielt die Geriatrie?
Schartz Die Geriatrie ist ein wenn auch wichtiger Bestandteil dieses Konzepts. Weitere Bestandteile sind der Aufbau einer Palliativstation, die Erweiterung der Psychosomatik, der Aufbau eines ambulanten OP-Zentrums im Zusammenhang mit der Umgestaltung des Funktionsbereichs, die Erweiterung des Seniorenzentrums sowie der Aufbau eines Angebotes für "betreutes Wohnen". Ergänzend ist ein Ärztehaus für mindestens vier bis fünf Ärzte, ein Sanitätshaus sowie eventuell eine Apotheke geplant.

Das medizinische Versorgungszentrum Konz sollte helfen, mehr Patienten nach Saarburg zu leiten. Wie gut funktioniert das? Welche konkreten Zahlen gibt es?
Schartz Die Zusammenarbeit bei der Behandlung ist sehr gut. Es gibt eine enge Abstimmung bei der Behandlung gemeinsamer Patienten. Die Einweisungszahlen haben sich fast verdoppelt, so dass etwa 200 Patienten jährlich direkt vom medizinischen Versorgungszentrum ins Kreiskrankenhaus in Saarburg eingewiesen werden

In Ihrer Haushaltsrede haben Sie das Vorgehen der Bundesregierung bezüglich der Sicherstellungszuschläge kritisiert. Was ist das und warum sollte Saarburg in den Genuss der Zahlungen kommen?
Der Sicherstellungszuschlag baut auf die Versorgungssituation und Erreichbarkeit auf. Es ist Instrument, um in strukturschwachen Regionen die flächendeckende Versorgung aufrecht zu erhalten. Bisher erhalten ganz vier Krankenhäuser in Deutschland den Zuschlag - zukünftig sollen geschätzte 70 bis 80 in den Genuss kommen können.
Voraussetzung ist die Erreichbarkeit alternativer Krankenhäuser, gemessen an Fahrminuten. Eine Gefährdung liegt vor, wenn mindestens 5000 Einwohner mehr als 30 Minuten zum nächstgelegenen Krankenhaus zurücklegen müssen. In dünn besiedelten Region reichen bis zu 500 Betroffene aus. Geringer Versorgungsbedarf liegt bei weniger als 100 Einwohnern pro Quadratkilometer vor.
Diese Faktoren reichen für Saarburg bei der gegebenen Krankenhausstruktur in der Region nicht für einen Zuschlag aus. Deshalb ist es mein Anliegen, dass man entweder die Kriterien des Bundesausschusses zum Sicherstellungszuschlag, die gerade im Entwurf vorliegen, noch anders fassen müsste. Oder die Landesregierungen sollten (nicht nur wegen Saarburg) gerade weil Rheinland-Pfalz in großen Teilen ländlich geprägt ist, in der Krankenhausplanung und -finanzierung (Aufgabe des Landes) eine für kleinere Häuser auskömmliche Finanzierungsstruktur finden.

Die Fragen stellte TV-Redakteur Harald Jansen

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