Futtersuche zwischen Mist und Jauche

STEININGEN. Schreckliche Zustände herrschten auf einem Bauernhof in Steiningen, wo ein 52-jähriger Junggeselle sein Vieh elend in seinem Mist stehen ließ, ihm kaum etwas zu fressen und zu saufen gab. Jetzt beendete die Kreisverwaltung das Tier- Drama und ließ das Vieh abholen.

Ida Labuhn und ihr Ehemann Heinrich sind total entrüstet und wollen nicht länger schweigen. "Was auf diesem Hof geschehen ist und das ging schon seit Jahren so, weiß fast jeder im Dorf. Aber es geht doch nicht, dass jetzt ein Tier nach dem anderen verendet", sagt Tierfreundin Ida Labuhn. Am Samstag verendete das erste Tier, und provozierend legte es der Halter direkt an die Straße. Abgedeckt mit Säcken lag es dort bis zum Montag, als es von der Tierkörperbeseitigung Rivenich abgeholt wurde. Aber auch die Säcke konnten den schrecklichen Zustand des Tieres nicht verdecken. "Das hatte kein Fleisch mehr drauf, man sah, dass es verhungert war", sagt Ida Labuhn. Die Polizei-Inspektion Daun, die von Tierschützerin Swetlana Gabricevic verständigt wurde, redete mit dem Landwirt, der angab, das Tier sei krank gewesen und werde am Montag abgeholt. Die Stallungen wurden daraufhin von den zwei Polizisten in Augenschein genommen, wobei nach Angabe der Polizei nur ein Rind erkennbar krank war. Auffällig war für die Polizisten der in diesem Moment äußerst saubere Zustand der Stallungen, ansonsten wurde bei den anderen Tieren nichts Auffälliges erkannt. Trotzdem wurden dem Kreisveterinär noch am Sonntag per Fax und am Montag mündlich diese Erkenntnisse mitgeteilt. Dieser besuchte den betroffenen Hof noch am selben Tag und schaute sich den Bestand an. Am Dienstag war es dann ein Kalb, das verendete. Daraufhin wurde die vom Veterinär alarmierte Kreisverwaltung Daun aktiv. Die kennt die Zustände auf dem Hof des 52-Jährigen schon länger, wie Pressesprecher Heinz-Peter Hoffmann bestätigt. "Wir beobachten den Bestand seit einiger Zeit, und dem Tierhalter wurde schon mehrfach aufgegeben, den nicht besonders gut ernährten Zustand, den die Tiere aufwiesen, zu ändern." Dass dieser Missstand schon lange herrscht, wissen die Steininger Bürger. Ida Labuhn: "Er hat das Vieh im Sommer immer nur stundenweise auf dieselbe total kahle Wiese herausgetan. Es auf eine andere Wiese zu bringen, dafür war er wohl zu faul. Die Tiere waren dünn und hatten einen Rücken wie eine Brücke." Heinrich Labuhn hat zudem beobachtet: "Auf dieser Wiese lagerte er auch den Mist ab, die Jauche lief dorthin ab, so dass die Kühe im Mist und in der Jauche noch ihr Futter suchen mussten." Überhaupt seien die Zustände im alten Stall des Landwirts katastrophal gewesen. "Ich war einmal drinnen und habe gesehen, dass den Tieren der Mist bis zu den Knien reichte. Zwei Bauern im Dorf haben ihm angeboten, den Mist herauszufahren, aber er sagte, er mache das selbst", erzählt Heinrich Labuhn.Milchvieh als "Zeitvertreib"

Die ganze Tierquälergeschichte zieht sich schon einige Jahre hin, ohne dass sich etwas änderte. Hin und wieder machte das Veterinäramt Besuche bei dem Bauern. "Solange die Tiere auf der Weide standen, gab es aber keinen Grund, tierschutzrechtlich einzuschreiten", sagt Heinz-Peter Hoffmann. Im Sommer 2002 eskalierte die Sache. "Er hat den Tieren auf der Wiese überhaupt kein Wasser gebracht. Die Leute sagten ihm, dass er ihnen welches bringen sollte. Da sagte er: Ich bin zu faul dafür", erinnert sich Heinrich Labuhn. Erst nach einer Drohung kam der Bauer der Aufforderung nach. Der Junggeselle, der keiner weiteren Beschäftigung nachgeht, gilt im Ort als schwierig. Sein Vieh hatte keine Ohrmarken, war also nicht registriert. Er konnte demzufolge keine Milch abliefern oder die Tiere verkaufen, was bei dem schlechten Zustand auch kaum möglich gewesen wäre. Im Gespräch mit demTV äußert sich der Landwirt zu dem schlechten Zustand seiner Tiere. "Die waren mein Zeitvertreib", sagt er lachend. Anfang Oktober beschwerte sich Ida Labuhn wieder einmal bei Tierschützerin Gabricevic in Neunkirchen, weil eine Kuh andauernd furchtbar brüllte. "Er hat ja auch kein Heu, weil er zu faul ist, es im Sommer zu machen", so Heinrich Labuhn. Swetlana Gabricevic wandte sich wieder an das Veterinäramt. "Der Fall ist uns bekannt gemacht worden, aber es ist nicht unüblich, dass dem Tierhalter eine Frist gegeben wird, die Zustände zu ändern", erklärt Pressesprecher Hoffmann. Am Samstag lag dann die tote Kuh an der Meisericher Straße. Zwei Tage später sahen Nachbarn, wie der Bauer ein totes Kalb heraus schleppte. An diesem Tag war auch der alarmierte Veterinär bei ihm, und nach dessen Bericht an die Kreisverwaltung reagierte diese endlich. "Jetzt war es Zeit zu handeln, denn wir hatten den Eindruck, dass der Tierhalter nicht Willens und im Stande war, die Zustände entscheidend zu ändern. Hinzu kam, dass jetzt noch ein Tier verendet war. In Abstimmung mit dem Tierhalter wurden daraufhin 15 Tiere von einem Viehhändler übernommen", sagt Heinz-Peter Hoffmann.

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