"Ebay-Haus" bleibt ein Traum

KAISERSLAUTERN. Juristen hatten sich eigentlich ein Grundsatzurteil in Sachen Ebay erwartet. Doch das Landgericht Kaiserslautern erfüllte die Erwartungen nicht: Sowohl die Käuferin des angeblichen Hauses für 2,50 Euro als auch der Anbieter wurden deutlich ermahnt.

"Hop oder top, entweder das Haus oder wir gehen in die Berufung." Sabine Wilke gibt sich vor Verhandlungsbeginn noch kämpferisch: Die 42-jährige Hausfrau aus Paderborn will das Haus, von dem sie glaubt, dass sie es für 2,50 Euro bei der Internetplattform Ebay ersteigert hat. Geübt setzt sie sich vor den zahlreichen Kameras im neuen, schmucken Landgericht Kaiserslautern in Szene, erzählt bereitwillig, dass sie ihr schwarzes Trachtenkleid von Ebay hat: "Für 25,50 Euro und die Schuhe habe ich für einen Euro gekauft." Die Gegenseite zeigt sich nicht weniger kämpferisch: "Falls wir verlieren, gehen wir in die nächste Instanz", kündigt Anwalt Christian Kruchten an, der Harry Zinßmeister vertritt. Der Fachangestellte aus Henschtal (Kreis Kusel) hatte im vergangenen Jahr ein Angebot bei Ebay eingestellt: Ein Haus, "eineinhalb geschossig, 113,2 Quadratmeter Wohnfläche”, Startpreis: ein Euro. Im Angebot vermerkte er dann: "Irrtum vorbehalten: Nicht unter 104 000 Euro bieten." Nachdem Sabine Wilke darauf geboten und schließlich sogar den Zuschlag erhalten hatte, brachte Zinßmeister, der trotz seiner Körperfülle schwach wirkt und kreidebleich ist, so manche schlaflose Nacht hinter sich: "Ich habe nicht damit gerechnet, dass darauf tatsächlich einer bietet. Normalerweise melden sich die Leute bei mir, wenn sie daran Interesse haben", erklärt er dem ungläubig blickenden Richter Michael Stiefenhöfer. Der erfahrene Ebay-Verkäufer hat mit seinem Angebot eigentlich nur Werbung für sein "zweites Standbein", das Vermitteln von Werkverträgen von schlüsselfertigen Häusern, machen wollen. Das hat die Paderborner Hausfrau jedoch anders verstanden: "Im Angebot stand drin: ‘Wir bauen Ihr Haus.'" Doch während manch ein Jurist vor der Verhandlung noch vermutet hatte, das werde ein klarer Durchmarsch für die 42-Jährige, machte der souverän und mit viel pfälzischem Witz verhandelnde Richter von Anfang an klar, dass er der Klage keine Chance einräumt: Aus dem Angebot gehe trotz des Startgebotes von einem Euro eindeutig hervor, dass das Haus nicht unter 104 000 Euro gebaut werden könne. Daher hätte einem "sorgfältigen" Bieter klar sein müssen, dass ein Preis von 2,50 Euro unrealistisch sei. Doch auch dem immer unruhiger werdenden Zinßmeister liest der Richter ordentlich die Leviten: Das Angebot sei unseriös gewesen. "Das war ein gefährliches Spiel von Ihnen, mit einem Startpreis von einem Euro zu beginnen." Es sei durchaus der Eindruck entstanden, dass man ein komplettes Haus ersteigern könnte. Bereits zu Beginn der einstündigen Verhandlung macht der Richter klar, dass ein Vergleich die beste Lösung sei.Instanzenweg Risiko für beide Parteien

Denn ein Gang durch die Instanzen ("Dieser Fall könnte bis zum Bundesgerichtshof gehen") könnte für beide Seiten zu einem finanziellen, existenzbedrohenden Risiko werden. Beide haben Prozesskostenhilfe beantragt, weil sie das Geld für das Verfahren nicht aufbringen können. Zinßmeister und sein Anwalt versuchen zunächst noch, den drohenden Schadenersatz abzuwenden: "Ich bin nicht hier gekommen, um etwas zu zahlen. Ich kann Frau Wilke anbieten, ein deutlich billigeres Haus bauen zu lassen." Doch Richter Stiefenhöfer lässt nicht mit sich verhandeln: "Zahlen Sie, sonst könnte es deutlich teurer werden." Nach einem an Ebay-Auktionen erinnernden Gefeilsche um die Höhe des Schadenersatzes, den Zinßmeister der Hausfrau zahlen muss, lässt der Richter schließlich bei 3000 Euro in Monatsraten von 100 Euro symbolisch den Auktionshammer fallen. Sabine Wilke ist zufrieden: "Ich will ihn ja nicht ruinieren." Für sie ist die Sache beendet, nach über einer Stunde gibt sie Zinßmeister zum ersten Mal die Hand. "Ich bin froh, dass jetzt alles vorbei ist und endlich wieder Ruhe einkehrt", sagt der mitgenommen wirkende Zinßmeister. Beide wollen übrigens weiter Kunden von Ebay bleiben. Und Sabine Wilke freut sich, dass sie nun nicht bauen muss und in ihrer Mietwohung bleiben kann: "Da fühlen wir uns eigentlich ganz wohl."

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