Joghurtbecher und Co. Das zweite Leben des Plastikmülls: Wie die Müllsortierung im Trierer Hafen funktioniert

Trier · Im Trierer Hafen kümmert sich die ART-GmbH um die Dinge, die wir wegwerfen, den Müll aus unseren gelben Säcken. 100.000 Tonnen Plastikabfall von rund vier Millionen Menschen werden dort sortiert. Was dort beispielsweise mit den Joghurtbechern passiert, haben wir uns angesehen.

Sortieranlage gelber Sack Trier
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Sortieranlage gelber Sack Trier

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Foto: Christina Bentz

Durch einen Vorhang aus Metallketten tritt man in das Verwaltungsgebäude der ART-GmbH am Trierer Hafen, die eine hundertprozentige Tochter des ART-Zweckverbands ist. „Zum Schutz vor Fliegen, das ist das Einzige, was hilft,“ sagt Thomas Schwarz, Abteilungsleiter Logistik, von der ART-GmbH. Das Geklimper der aneinander reibenden dünnen Ketten klingt ein wenig wie ein Metallwindspiel in einem Orchester.

Der angenehme Klang schreckt die Krähen, die auf dem Dach der riesigen, teilweise offenen Halle sitzen, nicht hoch. Sie werden aktiver, wenn Lastwagen mit neuem Müllmaterial ankommen. Neben den Krähen und Mücken sind, so nah an der Mosel und an einem so reichhaltigen Müllbuffet, auch mal Ratten zu Gast. „Es ist halt Müll“, meint Thomas Schwarz dazu schulterzuckend, „da ist Ungeziefer nicht weit“.

Und es riecht auch nicht wie in einer Parfümerie, sondern es ist ein beißender Geruch, zwar nicht so schlimm wie auf einer Müllkippe, aber die Besucher atmen doch lieber durch den Mund als durch die Nase, wenn sie dort unterwegs sind. „An den Geruch gewöhnt man sich“, so Thomas Schwarz.

Woher stammen die gelben Säcke im Trierer Hafen?

Die gelben Säcke, die hier angeliefert werden, kommen aus einem Umkreis von rund 200 Kilometern, aus 43 Städten oder Landkreisen aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die Sortieranlage in Trier ist mit einer Kapazität von 100.000 Tonnen pro Jahr eine der großen in Deutschland. „Unter diesem Wert rechnet sich die technische Investition in die Sortieranlage nicht“, erklärt Geschäftsführer der Anlage, Ernst Weires.

In den gelben Säcken, die hier ankommen, sind Verpackungen aller Art, darunter auch Joghurtbecher. Sie waren über viele Jahrzehnte aus dem Kunststoff Polystyrol, ähnlich wie die Becher für frische Sahne. Am Gesamtvolumen machen sie ein Prozent aus. Wenn also 100 Kilo gelbe Säcke kommen, sind darin ein Kilogramm Becher aus Polystyrol, der zu den vier Kunststoffen gehört, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen dürfen. Ernst Weires berichtet: „Polystyrol ist ein Kunststoff, den man sehr gut wiederverwerten kann, wenn er vom Aluminiumdeckel und der Pappbanderole, die manchmal noch drumherum ist, getrennt wurde. Sorgen machen uns die Verbundverpackungen, die beispielsweise zunehmend an den Frischetruhen zu finden sind. In Schalen aus PET werden Wurst und Käse gelegt und dann mit Folie aus Polyethylen abgedeckt.“ Weiter berichtet er: „Das können wir hier nicht mehr voneinander lösen und deshalb nicht stofflich wiederverwerten. Es landet als Energiespender in den Kraftwerken und wird durch Verbrennen energetisch genutzt.“

Wie wird der Müll in der ART-Sortieranlage sortiert?

Ein leerer Joghurtbecher, der im gelben Sack gelandet ist und anschließend mit einem Müllauto zum Hafen gefahren wurde, kommt, nachdem der LKW im Eingangsbereich gewogen wurde, auf einen Radlader. Der fährt die Säcke auf ein Band, wo sie aufgerissen werden. Der Unrat kommt in ein Trommelsieb. Große Folien werden so schon einmal getrennt. Probleme bereiten immer wieder Seile und Bänder, wie sie etwa im Weinbau beim Aufbinden genutzt werden. „Sie wickeln sich um die Transportbänder und dann steht die ganze Anlage still“, so Thomas Schwarz.

1,5 Kilometer lang sind die Förderbänder insgesamt, auf denen mit Sieben, Magneten und Scannern getrennt wird. Von unten gleichen die verschiedenen Bänder, die kreuz- und quer übereinander und nebeneinander, rauf und runter laufen, ein wenig einer verschachtelten Achterbahn, nur dass hier keine Menschen in sehr schnellem Tempo zum Vergnügen unterwegs sind, sondern Müll wieder der Wertstoffkette zugeführt werden soll. Und es ist laut, leider keine angenehme Kirmesmusik und keine Losverkäufer, sondern es gibt dröhnende Motoren der Maschinen, das Geschepper von Dosen, die Gebläse der Sortiermaschinen gemischt mit dem Lärm der Lastwagen und Hublader.

Warum schwarze Verpackungen nicht recycelt werden können

Der Joghurtbecher kann, wenn der Aluminiumdeckel abgetrennt und die Pappbanderole entfernt worden ist, recht einfach wiederverwertet werden. Die Magnete nehmen ihn nicht, es ist ja kein Metall, aber einer der Scanner erkennt und trennt ihn. Anhand der Reflexion des Lichts weiß der Scanner, um welches Material es sich handelt und bläst es in eine entsprechende Sortierbox. Die einzige Farbe, die nicht reflektiert, ist schwarz. „Das bedeutet, dass schwarze Verpackungen grundsätzlich nicht wiederverwertet werden können“, betont der Geschäftsführer der ART-GmbH. „Würden die Hersteller das Thema ernster nehmen, gäbe es keine schwarzen Verpackungen. Die Industrie könnte deutlich mehr tun, aber das Thema Recycling steht dort immer noch sehr weit unten.“

Wenn die Sortierboxen voll sind, werden die Materialien, etwa die verschiedenen Kunststoffe, zusammengepresst und verdrahtet. Wie aus einer Heuballenpresse kommen sie würfelförmig vom Band und werden gestapelt. Diese Würfel haben, durch ihre verschiedenen Farben, die wie reingesprenkelt aussehen, schon fast eine kreative Note. Das hat ein Künstler erkannt, der vor einigen Jahren damit eine Installation vor der Tufa in Trier gestaltet hat.

Warum die Papierbanderole am besten vom Joghurtbecher entfernt werden soll

Ob der Joghurtbecher im Würfel von Polystyrol endet oder nicht, hängt maßgeblich davon ab, ob der Aluminiumdeckel und die Pappe abgetrennt worden sind. Ist das nicht der Fall, kommt es darauf an, wie der Becher auf dem Band gelandet ist. Ernst Weires sagt: „Wenn der Scanner das Alu erkennt, landet er dort. Das wäre gut, weil das der wertvollste Teil ist und ohne Probleme wiederverwertet werden kann. Es wird eingeschmolzen und wieder zu Aluminium. Wenn der Kunststoff erkannt wird, kommt er dorthin, wird ebenfalls eingeschmolzen und kann wieder zu einem Rohprodukt aus Plastik, beispielsweise wieder ein Joghurtbecher werden.“ Wenn noch Karton drumherum wäre, würde der Verwerter des Plastiks das Erkennen. Es könnte abgetrennt werden, würde aber als Abfall verbrannt, während es als Papier wiederverwertet werden könnte, würde man es zu Hause trennen, so der Geschäftsführer zu den Abläufen.

„Wenn Papier mit Lebensmitteln in Kontakt gekommen ist, etwa Pizza- oder Milchkartons, kann es nur noch zu Toilettenpapier, Küchenrolle oder einfachem, grauen Pappkarton verwertet werden.“ In Trier werden diese sortierten Würfel nach Zülpich gefahren. Dort ist eine Papierfabrik, die daraus den wichtigen Hygieneartikel macht. Kunststoff wird von einer Firma aus Lautzenhausen im Rhein-Hunsrück-Kreis, in Trier abgeholt und weiterverarbeitet.

Das Trommelsieb in Aktion.

Das Trommelsieb in Aktion.

Foto: Bents Christina

In der Sortieranlage geht sehr viel automatisch und maschinell, ganz ohne menschliche Unterstützung geht es aber nicht. 19 der dort tätigen Mitarbeiter sind bei der ART-GmbH angestellt und 80 beim Bürgerservice, die sich um die Abläufe im Tagesgeschäft kümmern. Sybille Martin arbeitet seit zwölf Jahren am PET-Band und sortiert Styropor, Papier und Folien aus. Heiß ist es hier, aber ein kleiner Ventilator schafft etwas Erleichterung und ein Kaffeeautomat angenehme Pausen. Sie sagt: „Mir macht die Arbeit hier Spaß, die Kollegen sind super und es ist wichtig, zu sortieren.“

Akkus verursachen Brände auf dem ART-Sortierhof im Trierer Hafen

Auf dem Hof sind die einzelnen Wertstoffe getrennt gelagert, mit großen Abständen dazwischen. Das hat seine Gründe. „Es geht um den Brandschutz. Sollte es in einem Bereich anfangen zu brennen, soll es nicht gleich auf den nächsten überspringen“, so Thomas Schwarz. Das Thema Brände ist ein sehr präsentes auf dem Gelände des Müllsortierens, denn kleinere Brände gibt es ab und zu. „Fast immer sind wiederaufladbare Akkus daran schuld“, weiß Ernst Weires. „Das ist ein massives Problem, denn sie sind nie ganz leer, können beim Transport beschädigt werden und entzünden sich dann. Es wäre sehr wichtig, dass die Akkus nicht im gelben Sack landen. Wobei es den Menschen manchmal gar nicht bewusst ist. In Kinderspielzeug sind in einigen Fällen Akkus verbaut, die man gar nicht ausbauen kann. So etwas dürfte es nicht geben“, so Weires, und Thomas Schwarz fügt hinzu: „In Bremen ist aktuell eine Sortieranlage deshalb sehr wahrscheinlich vollständig abgebrannt.“

Hier kommen die einzelnen getrennten Materialien, wie aus einer Heuballenpresse, in Würfeln raus.

Hier kommen die einzelnen getrennten Materialien, wie aus einer Heuballenpresse, in Würfeln raus.

Foto: Bents Christina

So weit kommt es in Trier hoffentlich nicht. Wenn man das nächste Mal die Küchenrolle nutzt, könnte es sein, dass in der vergangenen Woche darin noch die Lieblingspizza geliefert worden ist und der Joghurtbecher kann auch in seinem früheren Leben auch schon mit Joghurt gefüllt gewesen sein oder mit Sahne oder Schmand.

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