Jerry, das Stehaufmännchen

Köln · Die Serie kann sich sehen lassen: Seit fünf Monaten ist Fußball-Regionalligist Eintracht Trier auswärts unbesiegt. Beim 2:0-Erfolg gegen den 1. FC Köln II machte nicht spielerische Überlegenheit den Unterschied, sondern Cleverness bei Standardsituationen.

 Den Ball am Fuß, den Gegner im Blick, das rechte Knie getapt: Jeremy Karikari war gegen den 1. FC Köln II einer der auffälligsten Spieler im Eintracht-Dress. TV-Foto: Sebastian Schwarz

Den Ball am Fuß, den Gegner im Blick, das rechte Knie getapt: Jeremy Karikari war gegen den 1. FC Köln II einer der auffälligsten Spieler im Eintracht-Dress. TV-Foto: Sebastian Schwarz

Wenn er angeschlagen ist, läuft er zu Hochform auf. Diesen Eindruck vermittelt Jeremy Karikari. Im DFB-Pokalspiel zu Saisonbeginn gegen den FC St. Pauli (2:1) lieferte der 24-Jährige trotz Nachwehen einer Erkältung eine blitzsaubere Leistung ab. Am Samstag, in der Regionalliga-Partie beim 1. FC Köln II, war er trotz einer nicht zu 100 Prozent ausgeheilten Innenbandverletzung im defensiven Mittelfeld Herr der Lage. Jerry, ein Stehaufmännchen wie die gleichnamige Maus in der Zeichentrick-Serie "Tom und Jerry". Einer, der schwierige Situationen mit Pfiff und Spielintelligenz lösen kann.
"Wenn er im Kopf klar ist, gehört er nicht in die vierte Liga. Leider sind seine Leistungen schwankend", sagte Eintracht-Trainer Roland Seitz. Karikari gefiel gegen Köln mit viel Laufarbeit, guter Übersicht und kluger Zweikampfführung. Nach dem Spiel war er völlig platt: "In den letzten 20 Minuten verließen mich die Kräfte. Im angeschlagenen Knie spürte ich ein Ziehen, mein Rücken schmerzte."
Der gebürtige Hamburger machte nicht nur im Verbund mit der aufmerksam agierenden Abwehr den Laden dicht, sondern erzielte auch das wichtige 1:0 (32., abgefälschter Schuss aus elf Metern). Vorausgegangen war eine durch Innenverteidiger Oliver Stang verlängerte Ecke von Thomas Drescher. Auch das 2:0 resultierte aus einer Standardsituation. Freistoß Drescher, Kopfball Chhunly Pagenburg - die Entscheidung in der 67. Minute. "Wir haben gewonnen, weil wir uns nicht in die Hose gemacht haben", kommentierte Karikari den vierten Auswärtssieg in Folge.
Die Eintracht gewann nicht, weil sie fußballerisch glänzte, sondern weil sie hart arbeitete. Ausgeprägte Spielkultur hat das Team in dieser Saison noch nicht gezeigt. Ein Beleg dafür: Neun der 14 Tore entsprangen nicht aus dem Spiel heraus, sondern aus Ecken, Freistößen und Elfmetern.
Weil die Dominanz fehlt, tut sich die Mannschaft zu Hause gegen die meist tief stehenden Gegner so schwer. Folgt am Samstag gegen Elversberg der Auswärts-Lust etwa wieder der Heim-Frust? Mittelfeldspieler Thomas Kraus hofft inständig auf die Wende: "Wir brauchen auch zu Hause die Geilheit, die wir auswärts zeigen."

Eintracht-Ecke:

Kompromisslos: Trainer Roland Seitz regiert angesichts der sportlichen Achterbahnfahrt mit harter Hand.
Beispiel eins: Martin Hauswald, bislang Stammkraft im linken Mittelfeld, flog fürs Spiel beim 1. FC Köln II aus dem Kader. Ein Denkzettel von Seitz nach der 0:3-Schlappe gegen Mainz II. "Ich wollte ein Zeichen setzen. Martin war derjenige, der dran glauben musste. Es soll ein Weckruf für ihn und die anderen sein." Hauswald reagierte nach eigener Auskunft "erstaunt" auf die Ausbootung. "Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich will erst vom Trainer die genauen Gründe hören. Dann kann ich mir ein Urteil bilden."
Beispiel zwei: Ahmet Kulabas musste in Köln nach 60 Minuten vom Feld - laut Seitz jedoch nicht wegen schlechter Leistung: "Ich habe ihn in der Halbzeit gebeten, sein Schuhwerk zu überprüfen. Er hat nichts getan und ist nach der Pause erneut zweimal weggerutscht. Dafür habe ich kein Verständnis." Auf dem seifigen Untergrund des Franz-Kremer-Stadions hatten mehrere Eintracht-Spieler Standprobleme. Seitz klatschte bei der Auswechslung nicht mit Kulabas ab. Wütend donnerte der Stürmer daraufhin einen Gegenstand gegen die Wand der überdachten Ersatzbank. Nach der Partie sagte "Kula": "Mit meinen Nockenschuhen hatte ich noch nie Probleme. Aber ich nehme die Kritik des Trainers positiv auf."

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