Die Insolvenzforscher

Trier · Herlitz, Schiesser, Märklin, Karstadt und Quelle – Firmen, von denen man nur allzuleicht annahm, sie stünden wie Felsen in der Brandung der Marktkräfte, sind plötzlich vor dem Ertrinken zu retten.

Auch regional werden immer wieder Notsignale gesandt: Etwa aus der Jünkerather Gießerei Ergocast, dem Lebensmittelhersteller Vitis in Trittenheim oder dem Autoteilezulieferer Tectro in Saarburg. Doch in vielen der genannten Beispielen, bei den regionalen sogar bei allen, gibt es ein Leben nach der Insolvenz: „Die Überlebenschancen eines eher unglücklich in die Krise geratenen Unternehmens erhöhen sich durch das Insolvenzverfahren wesentlich“, erklärt Prof. Eckardt, der in Trier den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht inne hat und Gründungsmitglied des ZEFIS ist. Das „Rheinland-pfälzische Zentrum für Insolvenzrecht und Sanierungspraxis“ wurde vor rund einem Jahr begründet als als erste Gemeinschaftseinrichtung von Universitäten und Fachhochschulen in Rheinland-Pfalz: Die Kooperation zwischen der Universität Trier und den Fachhochschulen Trier und Koblenz untersucht erfolgte Insolvenzen und Sanierungen unter rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten. Das ZEFIS will helfen, qualitätssichernde Standards in Ausbildung und Praxis zu setzen und den Gesetzgeber beraten, wie das Insolvenzrecht optimiert werden kann. Derzeit werden Ergebnisse einer ersten Studie veröffentlicht: Unter Leitung von Prof. Haarmeyer von der FH Koblenz wurden alle Insolvenzakten aus dem Bezirk des Oberlandesgerichts Zweibrücken der Jahre 2007 und 2008 untersucht: „Da wurden unter anderem die Schlussrechnungen durchgesehen“, erklärt Prof. Eckardt die Vorgehensweise. „Wozu äußert sich der Insolvenzverwalter in seinem Bericht, welche Belege bringt er bei? Dann haben wir dıe Insolvenzrechtspfleger befragt, wie sie das kontrollieren.“

Natürlich sei die beste Insolvenzabwicklung machtlos, wenn sich ein Geschäftsmodell nun mal nicht rechne. Dennoch sei der Anteil der Verfahren, bei der überhaupt eine Sanierung des Unternehmens angestrebt werde, mit 15 Prozent alarmierend niedrig, findet Prof. Eckardt: „Es werden zu wenig beantragte Verfahren auch eröffnet – mangels kostendeckender Masse.“ Ein weiteres Problem: Viele Unternehmensleiter zögerten zu lange, bevor sie Insolvenz anmeldeten. So will das ZEFIS auch nach Möglichkeiten forschen, wie man es schaffen könne, dass die Reißleine früher gezogen werde – eventuell durch zusätzliche Anreize wie die Schaffung von Einflussmöglichkeiten auf die Insolvenzabwicklung.

Wichtigste Baustelle bei der Neuregelung des Insolvenzrechts sei aber auf jeden Fall die Auswahl des Verwalters: „Hier bedarf es hoch professioneller Akteure mit breitester juristischer und betriebswirtschaftlicher Kompetenz, die zudem einen Stab an qualifizierten Mitarbeitern mitbringen“, erklärt Prof. Eckardt. Während das bei den überregional wahrnehmbaren Insolvenzverfahren durchweg gewährleistet sei, sehe das bei kleineren Unternehmen leider nicht so aus. Frank Göbel

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort