Bemühungen um Entspannung im Karikaturen-Streit

Kopenhagen/Kairo/Berlin (dpa) - Im Streit um die Mohammed-Karikaturen haben sich gemäßigte Kräfte am Wochenende verstärkt um eine Entspannung des Konflikts bemüht. In der bosnischen Hauptstadt Sarajevo wurde eine für Sonntag geplante Demonstrationen vor der dänischen Botschaft abgesagt, nachdem die Polizei die Kundgebung verboten hatte.

In Kanada verzichteten viele Muslime auf Protestmärsche und öffneten stattdessen die Moscheen zum Dialog. In Deutschland und Frankreich demonstrierten tausende Muslime am Samstag friedlich gegen die Darstellungen des Propheten Mohammed, die zuerst in einer dänischen Zeitung veröffentlicht worden waren. Aus Angst vor neuer Gewalt zog Dänemark seine diplomatischen Vertreter aus Syrien, Iran und Indonesien ab und forderte seine Bürger auf, Indonesien schnellstmöglich zu verlassen.

Die indonesische Regierung kritisierte den Abzug der dänischen Diplomaten nach Rundfunkangaben in Kopenhagen als voreilig und überzogen. Im Gefolge der Proteste gegen die dänischen Mohammed- Karikaturen gebe es „konkrete Informationen, die darauf hindeuten, dass eine extremistische Gruppe aktiv Dänen aufsuchen will“, verlautete aus Kopenhagen. Der ersten Aufforderung zum Verlassen Indonesiens vor einer Woche waren weniger als die Hälfte aller etwa 200 dort lebenden Dänen gefolgt. Eine Reporterin der Zeitung „Politiken“ auf Bali warf dem dänischen Außenministerium vor, „völlig unnötig viele Menschen in Unruhe versetzt zu haben“.

In Bosnien wurde die Kundgebung untersagt, nachdem Demonstranten zuvor bei Protesten vor den Botschaften Dänemarks, Frankreichs und Norwegens Fahnen der drei Länder verbrannt hatten. Die bosnische Regierung verurteilte das Verhalten. Muslimische Geistliche riefen zur Besonnenheit und zu einem offenen Dialog zwischen den Religionen auf. Im kanadischen Montréal verzichteten viele muslimische Gruppen auf Demonstrationen und öffneten die Moscheen zu Gesprächen. Am Samstag protestierten etwa 300 Muslime in der Innenstadt gegen die Veröffentlichung der Karikaturen. Sie blieben der dänischen Mission jedoch fern, um eine Eskalation zu vermeiden.

In Paris demonstrierten am Samstag mehr als 7000 Menschen friedlich gegen die Zeichnungen. In Düsseldorf gingen nach Polizeiangaben rund 2200 Menschen auf die Straße, in Berlin zogen rund 1200 Demonstranten vor die dänische Botschaft. Altkanzler Gerhard Schröder nannte die Veröffentlichung am Samstag auf einer Wirtschaftskonferenz im saudi-arabischen Dschidda einen großen Fehler. Er rief die Europäer zu größerem Verständnis für die Gefühle der Muslime auf.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein türkischer Kollege Abdullah Gül würdigten die Besonnenheit der muslimischen Gemeinden in Deutschland. Sie hätten sowohl die Respektlosigkeit gegenüber dem Propheten Mohammed abgelehnt als auch sich in aller Deutlichkeit gegen Gewalt ausgesprochen, schrieben sie in einem gemeinsamen Beitrag in den Samstagausgaben der „Bild“-Zeitung und des türkischen Blattes „Hürriyet“. Im Karikaturen-Streit bot sich die Türkei erneut als Vermittler an. Mit der Initiative wolle man eine Eskalation des Streits verhindern, schrieb Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in einem Brief an zahlreiche Staats- und Regierungschefs, den die „Bild am Sonntag“ veröffentlichte.

Der norwegische Botschafter in Saudi-Arabien, Jan Bugge-Mahrt, erklärte nach einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Schura-Rates, Saleh bin Humaid, seine Regierung und das norwegische Volk verurteilten die Veröffentlichung der Karikaturen. Der Schura-Rat ist eine Art Parlament mit Beratungsfunktion, dessen Mitglieder vom König ernannt werden. Auch eine norwegische Zeitung hatte die Mohammed- Karikaturen nachgedruckt. Die Veröffentlichung der Zeichnungen in europäischen Zeitungen sorgt in der islamischen Welt seit drei Wochen für Empörung.

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