Moselaner sorgen für die richtige Mischung

Im Schnitt alle 50 Kilometer steht in Deutschland eine Asphalt-Mischanlage. Einige davon kommen von der Mosel, wo die Firma Benninghoven die großen Stahlmaschinen produziert. Der deutsche Markt ist jedoch nicht Hauptabnehmer für die Produkte des Familienunternehmens. Im Gegenteil: 80 Prozent seiner Produkte exportiert Benninghoven ins Ausland. Wichtigster Abnehmer derzeit: die Türkei.

Mülheim/Mosel. Die größte Asphalt-Mischanlage aus dem Hause Benninghoven steht in Frankreich und ragt 52 Meter hoch in den Himmel. Da kann eine einzelne Schraube, die die Mitarbeiter in den Produktionshallen in Mülheim an der Mosel eingedreht haben, auch schon einmal fast so lang sein wie ein Unterarm.

Rund 200 Tonnen Stahl sind in einer einzigen stationären Anlage verarbeitet. Diese befinden sich zum Beispiel verkehrsgünstig an Autobahnen oder in Steinbrüchen, also nahe den benötigten Mineralressourcen. Alle 45 Sekunden spuckt eine stationäre Anlage drei Tonnen heißen Asphalt aus. Alle drei Minuten kann ein voll beladener Lastwagen mit dem Material zur Baustelle fahren.

Die Produktionsstätte der Firma Benninghoven in Wittlich ist für den Stahlbau zuständig. In Mülheim fertigen Mitarbeiter die Maschinenbauteile. 40 Schwertransporter verlassen jede Woche die Standorte, um die Produkte des Familienunternehmens zu den Kunden, meist Bauunternehmen, zu bringen. Diese zahlen zwischen 1,5 und vier Millionen Euro für eine stationäre Anlage.

Am Anfang der Firmengeschichte (siehe Extra) stand ein deutlich kleineres Produkt: An die Zahnradfertigung erinnert noch heute das Benninghoven-Logo. In den folgenden 102 Jahren hat sich das Familienunternehmen, einst gegründet in Hilden, in jeglicher Hinsicht vergrößert: In den 1950ern stieg man in die industrielle Feuerungstechnik ein, der Brennerbau wurde zu einem wichtigen Standbein. Neue Fertigungsstätten in Mülheim an der Mosel und Wittlich kamen hinzu. Und bereits seit Mitte der 1960er Jahre werden Produkte exportiert.

In der Fertigungshalle in Mülheim riecht es metallisch. Funken fliegen, die Arbeit mit Stahl macht Lärm, in den Ohren der Mitarbeiter stecken Stöpsel. Völlig geräuschlos dagegen arbeitet die Laserbrennanlage - ein neuer "Mitarbeiter" in Mülheim. Stoisch bewegt sich der schwere Maschinenarm über das Blech, das der Laser wie Butter zerschneidet. Ebenso präzise arbeitet an anderer Stelle der Schweißroboter - ebenfalls eine Neuinvestition. Ein Firmenprinzip: Benötigte Geräte, Maschinen und Materialien werden möglichst von heimischen Anbietern bezogen.
Eine Anlage kann in sechs Monaten fertig sein

Derzeit läuft die Produktion auf Hochtouren. Jetzt trudeln die Aufträge für neue Anlagen ein - die alle möglichst bis Ostern, wenn die Straßenbausaison wieder beginnt, laufen sollen. In der Regel kann eine Anlage in sechs Monaten konstruiert, produziert, montiert und schließlich in Betrieb genommen werden.

In der Erschließung von neuen Märkten liege auch hinsichtlich der Produktionszeiten ein Vorteil, sagt der Vertriebsleiter Rolf-Bernd Leimbrock: Durch andere klimatische Bedingungen in den Ländern der weltweiten Kundschaft verteilen sich die Aufträge besser über die Jahreszeiten. "Wir können unseren Umsatz - 200 Millionen Euro - schließlich nicht in einem halben Jahr erwirtschaften", sagt er und lächelt.

Der Export des Unternehmens beträgt 80 Prozent. Benninghoven-Anlagen produzieren mittlerweile weltweit Asphalt. Als derzeit "größten Kunden" nennt Leimbrock den türkischen Markt. Die Türkei sei ein sehr aufstrebender, schnell wachsender Staat - mit großen Straßenbauprojekten.

Märkte wie der türkische dienen der Firma auch als Kompensation, wenn ein anderer ausfällt. "Europaweit sind Straßenbauprojekte derzeit rar. Auch in Deutschland wird zurückhaltend ausgeschrieben", erklärt Leimbrock. Zunächst hat das Unternehmen sogenannte radmobile Anlagen an die Türkei geliefert. Sie sind beweglich, dadurch aber auch kleiner und produzieren so auch deutlich geringere Asphaltmengen als semimobile und stationäre. Mittlerweile beziehen die türkischen Unternehmen auch leistungs stärkere Anlagen von Benninghoven. "Heute sind wir dort Marktführer, den Wettbewerb haben wir weitgehend verdrängt", betont der Vertriebsleiter.

Dennoch erschließt das Familienunternehmen neue Märkte sehr umsichtig. Leimbrock zitiert eine Firmenphilosophie: "Keine Risiken eingehen, die nicht abzuschätzen sind." Der erste Kontakt geschehe immer über einen konkreten Kunden, mit dem zusammengearbeitet werde, erklärt er. Dadurch könne das Unternehmen dann sozusagen einen Fuß in die Tür zu einem neuen Markt bekommen. Produziert wird jedoch ausschließlich in Deutschland. Auch, wenn das Unternehmen "international unter Druck durch Billiglohn länder" stehe, wie Leimbrock anmerkt. "Vor allem Italien macht uns große Schwierigkeiten."

Von Zulieferern hat sich Benninghoven in den vergangenen Jahrzehnten mit der stetigen Erweiterung des Produktportfolios weit gehend unabhängig gemacht: Werksleiter Robert Völker spricht von einer "Fertigungstiefe von 90 Prozent". Das heißt, fast alle Komponenten, die für eine Mischanlage benötigt werden, stellt das Unternehmen selbst her.
Nachwuchs wird selbst ausgebildet

 Alfred Botzed (links) und Winfried Lörsch arbeiten an einer Achse für eine sogenannte radmobile Anlage.

Alfred Botzed (links) und Winfried Lörsch arbeiten an einer Achse für eine sogenannte radmobile Anlage.

Foto: Klaus Kimmling

Das ist auch wichtig für das Ersatzteilgeschäft. Der Bedarf nimmt mit den Jahren zu: Die bereits auf dem Markt befindlichen Anlagen werden älter (die Lebensdauer liegt zwichen 25 und 30 Jahren), manche Kunden wollen sie modernisieren und mit neuen Komponenten ausstatten.

Der Angestellte Thomas Meurer arbeitet an einer Wiegesektion, in der später die einzelnen Komponenten für das Mischgut abgemessen werden. Während sich der Vater mit dem Herzstück einer Anlage beschäftigt, lernt sein Sohn in einer anderen Produktionshalle gerade das Handwerk: Denis Meurer ist einer von 50 Auszubildenden des Unternehmens. "Der Nachwuchs wird komplett in der eigenen Werkstatt ausgebildet", betont Werksleiter Völker.

Dazugelernt wird bei Benninghoven aber nicht nur in der Ausbildung. Leimbrock spricht von einer "täglichen Auseinandersetzung mit dem, was sich auf dem Markt tut." So müssen die Anlagen für neue Asphaltzusammensetzungen - zum Beispiel für den offenporigen und geräuscharmen Flüsterasphalt - modifiziert werden. Für Rollbahnen am Flughafen wiederum wird ein besonders belastbarer Asphalt benötigt. Im Bereich der Brennerfertigung erfordert das Stichwort Energieeinsparung Weiterentwicklungen. Und ein weiteres wichtiges Zukunftsthema ist das Recycling von Asphalt.

Bei Benninghoven beschäftigt sich ein eigener Mitarbeiterstab mit der Zukunft - mit dem Ziel, neue Erfindungen patentieren zu lassen. Denn, so Rolf-Bernd Leimbrock: "Unseren technologischen Vorsprung wollen wir auch in Zukunft halten."

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