Nicht nur aufs Bremspedal steigen

Die europäische Finanzkrise hat in allen Nationen einen Kern: teilweise hoffnungslos überschuldete öffentliche Haushalte. Deutschland befindet sich hier mit leeren Kassen beim Bund, den Ländern und den Kommunen in schlechter Gesellschaft.


Allerdings haben wir im Gegensatz zu anderen eine Trendwende eingeleitet und eine Schuldenbremse eingeführt, die sowohl der Bund als auch Rheinland-Pfalz jeweils in den Verfassungen verankert haben. Spätestens in vier Jahren beim Bund und in acht bei den Ländern soll Schluss mit der Schuldenmacherei sein.
Was die Schuldenbremse bedeutet, dämmert vielen erst nach und nach: Sparen heißt die Devise. "Heulen und Zähneknirschen" hat Ministerpräsident Kurt Beck zu Beginn der Wahlperiode prophezeit, und eben dies exerziert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nun vor. Seine Warnungen, der Bürger werde den strikten Sparkurs des Landes durch geschlossene Schwimmbäder und Theater oder marode Straßen zu spüren bekommen, sind richtig.
Die einen sagen: Wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Die Wirtschaft brummt, die Steuereinnahmen sprudeln in Rekordhöhe. Der Staat gibt zu viel aus und muss kräftig sparen. Bestimmte Aufgaben muss er nicht erfüllen, das können Private besser.
Die anderen sagen: Wir haben kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem. Die Steuerquote ist zu niedrig. Der Staat kann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. Schon heute wird im internationalen Vergleich zu wenig in die Bildung investiert. Reiche und Vermögende müssen einen größeren Beitrag leisten.
Wie so häufig dürfte die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen. Der Staat leistet sich etwa einen aufgeblähten Bürokratieapparat, in dem zu viele Mitarbeiter verschiedener Verwaltungen die gleichen Arbeiten erledigen und sich teilweise sogar selbst verwalten. Jahr für Jahr listet der Landesrechnungshof hinlänglich Beispiele dafür auf.
Hier kräftig zu sparen, und zwar nicht nur durch Stellenabbau, sondern auch durch eine vernünftige Kommunal- und Verwaltungsreform unter Einbeziehung aller Ebenen, tut not.
Andererseits ist das Argument der vergleichsweise niedrigen Steuerquote - sie lag in der Vergangenheit weitaus höher - nicht von der Hand zu weisen. Eine Schuldenbremse, die ausschließlich auf Ausgabenkürzungen setzt und Einnahmeverbesserungen außer Acht lässt, ist unausgewogen.
Starke Schultern würden nicht zusammenbrechen, würde man ihre Last ein wenig erhöhen. Und der Finanzsektor, in dem Spekulanten mit fragwürdigen Geschäften die Krise befeuern, bedarf dringend einer Regulierung und muss endlich einen gewichtigen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten.
f.giarra@volksfreund.de

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