Tabu mit Tücken

Die Grünen sind eine seltsame Partei. Da beschließen sie ein Wahlprogramm, verweigern aber jede Aussage darüber, wie und mit wem es sich am ehesten verwirklichen ließe.

Für dieses selbst auferlegte Tabu gehen die Grünen sogar so weit, ihre beiden Spitzenkandidaten Renate Künast und Jürgen Trittin zu beschädigen, die dafür lediglich eine weniger unwahrscheinliche Regierungskonstellation festschreiben wollten: das Ampelbündnis aus SPD, FDP und den Grünen. Andererseits wissen die Grünen schon ganz genau, was nicht geht: mit der Union und den Liberalen in einem Jamaika-Bündnis zu paktieren. Wozu am 27. September also Grün wählen? Die Antwort liegt im Nebel.

Für die politischen Erben Joschka Fischers ist die Lage kompliziert. Es fehlt eine Machtperspektive, an der man sich berauschen könnte. Der rot-grüne Traum ist mangels realistischer Mehrheit ausgeträumt, und zur FDP pflegt man eine innige Feindschaft. Erschwerend kommt hinzu, dass die Krise geradezu einen grünen Ideenklau entfachte. Selbst konservative Politiker und Ökonomen schwärmen plötzlich davon, wie ökologisches Wirtschaften die deutsche Industrie beflügeln kann. Die Grünen sagen das schon länger. Jetzt, da es alle sagen, finden sie kaum Gehör. Was die Krisenbewältigung angeht, so ist ihr Wahlprogramm durchaus auf der Höhe der Zeit. Eine Million neue Arbeitsplätze durch Investitionen in erneuerbare Energien, in Bildung und den Sozialbereich halten auch Wirtschaftsexperten für realistisch, die mit den Grünen nichts am Hut haben. Ihr Jobversprechen ist gleichsam die Chiffre dafür, dass Ökologie und Ökonomie keinen Gegensatz darstellen, sondern eine untrennbare Einheit.

nachrichten.red@volksfreund.de

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