Jonathans Gedanken

Jonathan, im früheren Beruf Konditor und Bäcker, befand sich seit wenigen Monaten im Ruhestand. Er war schon viele Jahre Witwer. Nun erfüllte er sich einen Herzenswunsch und fuhr mit seinem alten Auto nach Rom zu Lucietta, die er per Internet kennengelernt hatte.

Produktion der Seite:
Inge Meyer
Jonathan befand sich auf der Reise nach Rom. Auf einem Rastplatz am Comer See legte er eine größere Pause ein, hier fand er eine Aktentasche, gefüllt mit Falschgeld. Als er die Tasche zur Polizei bringen wollte, geriet er in eine Verkehrskontrolle. Jonathan wurde kurzerhand von der Polizei verhaftet und später sogar nach Mailand ins Gefängnis gebracht.
Er wurde wie ein Verbrecher behandelt, obwohl er doch nichts verbrochen hatte.
Man wies ihn auf seine Rechte hin, nahm ihm Fingerabdrücke ab und er wurde fotografiert. Die italienische Polizei glaubte, Jonathan sei Mitglied einer Geldfälscherbande, der man seit längerer Zeit auf der Spur war. Die deutsche Polizei wurde ebenfalls informiert. Seine Tochter in Deutschland schaltete sofort einen Rechtsanwalt ein.
Es war Nerven zerreißend im Gefängnis in Mailand. Jonathan saß in einer kleinen Zelle und verstand die Welt nicht mehr. Seine Gedanken kreisten umher. Er dachte ständig an Lucietta, wollte doch schnellsten nach Rom zu ihr. Nun saß er da, die Hände zusammengefaltet, betend. Er litt fürchterlich, ohne Grund hatte man ihn eingesperrt! Die Tür war zu, er befand sich ja nicht in einem Luxushotel! Niemand war für ihn da. Der Magen knurrte ihm so laut, man konnte fast ein Musikstück aus den Tönen schreiben. Endlich wurde ihm von außen ein fast ungenießbares "Essen" durch eine kleine Öffnung gereicht.
Jonathan, der Optimist, ließ die bisherigen Erlebnisse seiner Reise an sich vorüberziehen. In Bayern hatte ihm Bauer Sepp sein Auto abgeschleppt und nach einer himmlischen Nacht im Heuschuppen wurde er von der Kuh Berta wach geküsst.
In der Schweiz schließlich zeigte Falk, der Bergführer, Jonathan die grandiosen Berge. Ein Lächeln streifte sein Gesicht, als er an die Rutschpartie auf dem Kuhfladen dachte. So musste er auch feststellen, dass Greti, die Wirtin vom Gasthof, ihm nicht aus dem Kopf ging. Selbst am heutigen Tag hatte er schöne Erlebnisse.
Die sehr schöne Fahrt durch die Schweizer Berge und die Begegnung mit dem Flüchtlingspaar aus Iran.
Unzählige Gedanken schwirrten ihm im Kopf herum, Jonathan dachte an alles und jenes. Die Umweltzerstörung machte ihm große Sorgen: die Erderwärmung, in der Arktis das Dahinschmelzen der Eisberge, die vielen Überschwemmungen, die Erdrutsche in den Bergen, viele Erdbeben und die Häufung von Hurrikans. Das alles verbunden mit vielen, vielen Todesopfern und ungeahnten Zerstörungen von Fauna und Flora.
Er machte sich auch Sorgen über so manches, das von der Menschheit verursacht wird: die vielen Kriege mit den Todesopfern, das unzählige Leid von Flüchtlingen, die Raketenabschüsse, besonders die Terroranschläge in den westlichen Städten und arabischen Ländern, die unsicheren Atommeiler mit dem Atommüll, und die Luftverschmutzung. Er wünschte sich so sehr eine intakte, bessere Welt. Tränen flossen ihm über sein Gesicht. Schließlich wurde er müde und schlief ein.
Am nächsten Morgen wurde Jonathan verhört. Er berichtete immer wieder vom Fund der Tasche und von der Reise nach Rom. Die Polizei hatte aber bisher keine Beweise seiner Unschuld. Die Recherchen dauerten halt ihre Zeit.
Jonathan wurde wieder in die Zelle gebracht. Er verlangte Papier und Stift, denn er hatte plötzlich eine Idee! Um die katastrophale Zeit in der winzigen, fast dunklen Zelle einigermaßen zu überstehen, fiel ihm als Bäcker und Konditormeister ein, Rezepte zu schreiben. Die Zeit dafür war ja da. Er schrieb und schrieb, er fand kein Ende. Rezepte über Torten, Gebäck und leckere Pralinen. Viele neue Kreationen. Seine Einfälle waren grenzenlos. Sein Hit aber war eine Praline mit Marzipan, Pistazien, Schokolade und viel Amore, sehr edel und einzigartig, er nannte sie "Römische Liebe", dabei dachte er an Lucietta. Jonathan schrieb bis in den Abend hinein. Die Nacht war wieder eine Katastrophe, er konnte wenig schlafen.

Am nächsten Morgen, es war der fünfte Tag der Reise, öffnete lautstark ein Wärter die schwere Eisentür. Man brachte ihn in einen Büroraum und teilte ihm mit, dass er ab sofort frei sei. Der deutsche Rechtsanwalt war ebenfalls anwesend, der erklärte Jonathan, dass die Beweise einwandfrei dafür sprachen, ihn aus dem Gefängnis zu entlassen. Die Polizei entschuldigte sich sogar bei Jonathan! Der Rechtsanwalt kümmerte sich um alle rechtlichen Dinge.
Draußen atmete Jonathan endlich wieder frische Luft ein! Der Rechtsanwalt fuhr mit Jonathan zu einem Restaurant in Mailand, in der Nähe vom Dom, denn Jonathan hatte einen fürchterlichen Hunger. Danach gingen sie in einen Handy-laden wegen Jonathans defektem Smartphone, glücklicherweise konnten die gespeicherten Telefonnummern und die vielen Bilder gerettet werden. Dann fuhren beide nach Como, um Jonathans Auto abzuholen. Er bedankte sich ganz herzlich beim Rechtsanwalt, dem er viele liebe Grüße an seine Tochter und seinen Enkelsohn mit auf den Weg gab.
Jonathan setzte nun seine Fahrt nach Rom fort. Wird Jonathan problemlos Rom erreichen?

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