karriereberater

Auf meinem Schreibtisch liegt die Telefonliste eines mittelständischen Maschinenbauers. Der Nachname des Chefs ist nicht nur einmal, sondern fünffach gelistet.

Die Tochter, der Sohn, ein Bruder, ein Cousin: Die Firma scheint wie eine Arche Noah, an deren Deck sich alle Verwandten des Inhabers gerettet haben. In der Regel wurden sie nicht aufgrund ihrer Fähigkeiten, sondern aufgrund ihrer Verwandtschaft zum Inhaber eingestellt. Diese Vetternwirtschaft kann ein Unternehmensschiff zum Kentern bringen. Denn während der Gründer gewisse Qualitäten bewiesen hat (sonst hätte er keine Firma flott bekommen), kann es sein, dass seine Verwandten mit Fach- und Führungstalenten so wenig gesegnet sind wie die Sahelzone mit Wasser. Schon manches Unternehmen, das die Gründer in 100 Jahren nach oben brachten, soff unter Regie der Erben in drei Monaten ab. Was tun, wenn Sie selbst im Unternehmen eines Verwandten anfangen können? Seien Sie vorsichtig, besonders wenn der Firmeninhaber denselben Namen wie sie trägt! Dann sind Ihre Arbeitszeugnisse nicht einmal das Papier wert, auf dem sie gedruckt werden. Besser die Karriere auf neutralem Boden beginnen und dann, durch Erfolg statt Verwandtschaft qualifiziert, auf den Familiendampfer umsteigen - sofern dieser nicht schon von anderen Verwandten versenkt wurde. Unser Kolumnist Martin Wehrle (geboren 1970) gehört zu den erfolgreichsten Karriereberatern in Deutschland. Sein aktuelles Buch: "Bin ich hier der Depp?: Wie Sie dem Arbeitswahn nicht länger zur Verfügung stehen", Mosaik, 14,99 Euro. Diese und weitere TV-Kolumnen finden Sie auch im Internet auf www.volksfreund.de/kolumne

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