Winterreifen sind nur bei Eis und Schnee Pflicht

Seit Kurzem müssen Fahrzeuge bei Eis und Schnee mit Winterreifen unterwegs sein - trotzdem gibt es keine generelle Winterreifenpflicht. Der TV sprach mit dem ADAC-Experten Herbert Fuß.

 Polizisten kontrollieren die Winterbereifung eines Lastkraftwagens. Der ADAC geht davon aus, dass vor allem ausländische LKW weiterhin ohne entsprechende Reifen unterwegs sind und deswegen bei Schnee liegenbleiben. Foto: dpa

Polizisten kontrollieren die Winterbereifung eines Lastkraftwagens. Der ADAC geht davon aus, dass vor allem ausländische LKW weiterhin ohne entsprechende Reifen unterwegs sind und deswegen bei Schnee liegenbleiben. Foto: dpa

Trier. Herbert Fuß räumt mit einem Irrtum auf: "Es gibt eigentlich keine Winterreifenpflicht", sagt der Verkehrsexperte des ADAC Mittelrhein in Koblenz. Wer bei Eis und Schnee nicht fahre, brauche auch keine dafür vorgesehenen Reifen. In der seit Anfang Dezember gültigen, geänderten Straßenverkehrsordnung (STVO) heißt es nämlich lediglich, dass "bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte" nur mit sogenannten M+S (Matsch und Schnee)-Reifen gefahren werden darf. Bislang lautete die Formulierung: "Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen."

Laut Fuß könne aber auch jetzt niemand gezwungen werden, wenn es kalt wird, Winterreifen aufzuziehen. Wer etwa bei Eis und Schnee sowieso nicht fahre, der brauche sein Fahrzeug nicht umzurüsten. Und wenn die Straßen trocken, nicht glatt sind und kein Schnee liegt, könne man auch trotz der geänderten Verordnung mit Sommerreifen unterwegs sein - ohne, wenn man kontrolliert werde, ein Bußgeld von mindestens 40 Euro zu riskieren. So teuer ist es nämlich, wenn man bei entsprechenden Straßenverhältnissen ohne Winterreifen unterwegs ist. Behindert man mit seinem deswegen liegengebliebenen Fahrzeug den Verkehr, wird es doppelt so teuer. Und Punkte in Flensburg sind auch fällig. Keine Strafe droht, laut ADAC-Experten Fuß, wenn die Polizei ein geparktes Auto ohne Winterreifen entdeckt.

Auch Motorräder, Mofas und Roller dürfen nach der Verordnung bei Eis und Schnee nur noch mit Winterreifen unterwegs sein. In der Praxis sei es jedoch so, dass vor allem für schwere Motorräder kaum Winterreifen angeboten würden, sagt Fuß.

Ausnahmen gibt es für Busse, LKW und Traktoren



Ausnahmen gibt es nur für LKW und Busse. Die müssen nur auf der Antriebsachse M+S-Reifen montiert haben. In der Verordnung heißt es dazu: "Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 und N3 ... dürfen bei solchen Wetterverhältnissen auch gefahren werden, wenn an den Rädern der Antriebsachsen M+S-Reifen angebracht sind."

Die Verordnung gilt auch für ausländische LKW. Fuß geht aber davon aus, dass die wenigsten osteuropäischen oder spanischen Laster mit Winterreifen unterwegs sind. Erfahrungen der Polizei in der Region bestätigen das. Von sechs Verstößen gegen die Winterreifenpflicht betrafen vier ausländische LKW, bei einem Unfall war ebenfalls ein mit Sommerreifen ausgerüsteter ausländischer LKW beteiligt. Ein weiteres Problem laut Fuß: "Was macht die Polizei, wenn sie einen ausländischen LKW ohne Winterreifen anhält? Wie soll der Fahrer den Laster vor Ort umrüsten?"

Zumal es in anderen EU-Ländern keine Vorschriften für Winterreifen gebe. Auch in Luxemburg gibt es keine Pflicht, sein Auto im Winter umzurüsten. Der luxemburgische Verkehrsminister Claude Wiseler teilte kürzlich mit, eine solche mache keinen Sinn, solange es auch keine in Belgien und Frankreich gebe. Man warte daher auf eine EU-einheitliche Regelung.

Traktoren oder andere landwirtschaftliche Fahrzeuge brauchen auch nach der nun geänderten deutschen Verordnung nicht umgerüstet zu werden, weil sie normalerweise ohnehin schon grobstollige Reifen haben.

Auch Mietwagen müssen komplett mit Winterreifen ausgestattet sein, wenn es erforderlich ist. Allerdings müssen die Mieter selbst darauf achten, dass die Wagen entsprechend ausgerüstet sind. Laut Stiftung Warentest verzichten viele Autovermieter auf die Umrüstung. Die Winterreifen sind daher im Mietpreis oft nicht enthalten, viele Vermieter verlangten zum Teil saftige Zuschläge dafür, fanden die Tester heraus. Ihr Tipp: Am besten schon bei der Reservierung des Wagens Winterreifen mitbuchen und sich das schriftlich bestätigen lassen. Denn der Mieter sei verantwortlich für die richtigen Reifen beim Mietwagen. Verunglücke er auf glatter Straße mit Sommerreifen, sei der Versicherungsschutz in Gefahr. Extra Winterreifen-Verordnung: "Bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte darf ein Kraftfahrzeug nur mit Reifen gefahren werden, welche…die beschriebenen Eigenschaften erfüllen (M+S-Reifen). Kraftfahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 und N3… dürfen bei solchen Wetterverhältnissen auch gefahren werden, wenn an den Rädern der Antriebsachsen M+S-Reifen angebracht sind." (Straßenverkehrsordnung, Paragraf 2, Absatz 3a vom 4. Dezember 2010)

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