Bitterer Ernst

TEHERAN/TEL AVIV. (dpa) Staatlich organisierte anti-israelische Massendemonstrationen zum so genannten Jerusalem-Tag haben heftike Reaktionen im Ausland ausgelöst. Mit Transparenten, auf denen zur Befreiung Jerusalems von den "zionistischen Besatzern" aufgerufen wurde, versammelten sich Demonstranten in mehreren Städten. An den Protesten nahm auch der neue Präsident Mahmud Ahmadinedschad teil.

Israel sieht mit wachsender Besorgnis, wie der erklärte Todfeind Iran seine militärische und technologische Position weiter ausbaut. Es ist der Albtraum des jüdischen Staates, dass das Mullah-Regime im Schatten eines jahrelangen diplomatischen Ringens Atombomben bauen könnte. Die jüngsten Drohungen des Präsidenten nehmen die Israelis - die nach Einschätzung internationaler Experten selber über bis zu 200 Atomsprengköpfe verfügen - bitterernst. "Die Iraner versuchen, die Atombombe zu entwickeln, um den Staat Israel zu zerstören", warnt der israelische Außenminister Silwan Schalom nach der Brandrede Ahmadinedschads. Um diesen Plan zu vereiteln, müsse sich die ganze Welt zusammenschließen. "Solch ein Land mit Atomwaffen wäre nicht nur für Israel und den Nahen Osten, sondern auch für Europa eine Gefahr", sagt israelische Regierungschef Ariel Scharon. Es wird davon ausgegangen, dass Iran über Raketen verfügt, die bis Israel reichen. An Trägersystemen mit einer Reichweite von 3000 Kilometern, also bis Europa, werde dort gearbeitet. Israel hat in der Atomfrage mehrfach Alarm geschlagen, spannt aber einen weiteren Bogen. Iran versorge Syrien mit Waffen und unterstütze militante Palästinenser bei Anschlägen. Der Arm Teherans reiche somit bis hin zur Vorbereitung von Selbstmord-Attentaten. Nach dieser Lesart befindet sich Israel im Gazastreifen und dem Westjordanland bereits im Kampf mit den radikalen Gefolgsleuten Irans. Mit seinem Aufruf zur Vernichtung Israels habe der iranische Präsidenten nur "die Maske abgenommen", sagt Außenminister Schalom. Vor militärischen Alleingängen gewarnt

Die Empörung in der westlichen Welt will Israel für eine politische Offensive nutzen. Dabei gehen auch israelische Kommentatoren davon aus, dass die Forderung nach einem Ausschluss Irans aus den Vereinten Nationen unerfüllt bleiben wird. Ziel sei es zunächst, klare Alternativen zu stellen: Fortsetzung der bisherigen Politik oder eine weitgehende internationale Isolierung mit Verlust der Beziehungen zur westlichen Welt. Die israelische Tageszeitung "Haaretz" erklärt Ahmadinedschad zur "Bedrohung Nummer eins", gegen die sich die Welt mobilisieren müsse. Der stellvertretende Regierungschef Schimon Peres hat sein Land zu Jahresbeginn aber vor militärischen Alleingängen gewarnt. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdientes Mossad, Meir Dagan, erklärte aber, Iran stehe bereits vor einem entscheidenden Durchbruch. Wenn es erst selbst waffentaugliches Uran anreichern könne, "gebe es keinen Weg zurück". Nach den heftigen Reaktion im Westen auf die antiisraelischen Äußerungen von Ahmadinedschad versuchten unterdessen einflussreiche Geistliche des Regimes in Teheran die Wogen zu glätten. Der frühere Präsident Akbar Haschemi-Rafsandschani betonte in seiner Freitagspredigt in Teheran, Iran respektiere sowohl Juden als auch das Judentum. "Wir haben keine Probleme mit Juden und dem hoch geschätzten Judentum als Buchreligion." Iran sei in "Palästina" nicht selber präsent, sondern unterstützte die Palästinenser lediglich "spirituell, ideologisch und medizinisch", betonte Rafsandschani.

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