Der Iran, der Atom-Deal und der Nahost-Konflikt

Jerusalem/Ramallah · Was hilft dem Nahen Osten? Warum der Westen sich nicht allein auf die Frage möglicher iranischer Nuklearwaffen konzentrieren darf, das erkärt Nahost-Experte Abdel Mottaleb El Husseini in einer Analyse für den TV.

Jerusalem/Ramallah. Derzeit laufen Verhandlungen des Westens mit dem Iran über dessen Atomprogramm. Der Iran soll auf strittige Teile verzichten - der Westen hat Teheran im Verdacht, selbst Atombomben zu entwickeln. Lässt sich der Iran auf die Verzichtsforderung ein, sollen einige Sanktionen gelockert werden.
Die politischen Folgen dieses iranisch-westlichen Atomdeals resultieren aus der Tatsache, dass das iranische Atomproblem von den damit zusammenhängendenden Konflikten der gesamten Nahostregion getrennt wurde. Das iranische Regime ist zwar letztlich gezwungen, alle Forderungen des Westens zu erfüllen. Seine politische Expansion in der arabischen Welt und seine Haltung hinsichtlich des Palästinaproblems haben bisher jedoch nicht zur Debatte gestanden.
So führt die Annäherung des Westens und vor allem der USA an den Iran zu einer neuen politischen Polarisierung und zum weiteren Wettrüsten in der Region. Denn zwischen Saudi-Arabien, den Golfstaaten (außer Oman) und Israel entsteht eine Allianz, die entschieden die regionalen Ambitionen Irans ablehnt.
Deshalb ist eine Entspannung in dem von Iran und Saudi-Arabien geführten sunnitisch-schiitischen Duell, ausgetragen auch in Syrien, im Libanon und im Irak, nicht zu erwarten.
Zudem führt die faktische Zusammenarbeit zwischen dem Iran und den USA bei der Bekämpfung des von der islamischen Terrororganisation al-Kaida geführten sunnitischen Radikalislamismus zur Vertiefung der Krise in den saudisch-amerikanischen Beziehungen. Das trägt wiederum zur Stärkung der Radikalen innerhalb des saudischen Königreiches bei.
Zu den Hauptnutznießern dieser Entwicklung gehören das syrische Regime, das für seinen weiterhin andauernden Vernichtungskrieg gegen das eigene Volk freie Hand bekommt, und die islamistischen Dschihadisten, die inzwischen die Oberhand innerhalb des Lagers der Gegner des syrischen Machthabers Baschar al-Assad gewonnen haben.
Aufgrund des zu erwartenden Weiterbestehens der politischen Spannungen im Nahen Osten wird der Waffenexport florieren.
Folglich dürfte die beginnende friedliche Lösung des iranischen Atomkonflikts nicht allein Frieden und Stabilität im Nahen Osten herbeizaubern, weil er die Folge und nicht die Ursache der politischen Konflikte in jener Region war und ist.
Abdul Mottaleb Husseini (64) lebt seit 1984 in der Eifel. Der Nahost-Experte ist im Libanon geboren. Der Soziologe, Journalist und Autor beschäftigt sich mit politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Fragen der arabischen Welt. red

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