Die Kleinen blieben zahm

BERLIN. (dpa) Bei ihrem mit Spannung erwarteten Fernseh-Auftritt hat Außenminister Joschka Fischer (Grüne) dem Linkspartei-Spitzenkandidaten Oskar Lafontaine eine zu schwache Steuerpolitik als Finanzminister zu Beginn der rot-grünen Regierung 1998 vorgeworfen.

Lafontaine konterte Fischers Vorwurf mit der Aussage, SPD und Grüne hätten sich selbst ins Abseits manövriert. Insgesamt bemühten sich Lafontaine, Fischer und der Dritte im Bunde, FDP-Chef Guido Westerwelle, in dieser ZDF-Sendung mit Moderatorin Maybrit Illner um Sachlichkeit. Der vermutete harte Schlagabtausch blieb aus. Lafontaine wirkte zeitweise abwesend. Westerwelle suchte nicht den Kontakt zu seinem Widersacher Fischer, sondern, wie er sagte, zu den Zuschauern. Und Fischer brachte seine Kritik an beiden vornehmlich durch tiefe Stirnfalten und sehr klein werdende Augen zum Ausdruck. Fischer ist das einzige Regierungsmitglied, das sich einer Konfrontation mit Lafontaine, der 1999 unvermittelt als Finanzminister und SPD-Chef zurückgetreten war, gestellt hat. Nur einmal warf der Grünen-Politiker mit sehr gemäßigten Worten Lafontaine eine "nicht ausreichend engagierte" Steuerpolitik in seiner kurzen Zeit als Finanzminister vor. "Schockiert" und "erschüttert" zeigte er sich hingegen über Lafontaines Beschreibung von "Fremdarbeitern" und "Schandgesetzen" aus diesem Sommer. Das sei auch ein Grund, warum es keine rot-rot-grüne Koalition geben könne. Auf Illners vorherige Frage an Lafontaine, ob er von seinen Äußerungen etwas zurücknehmen wolle, erklärte dieser: "Wenn der Eindruck entstanden ist, ich hätte etwas gegen diese Arbeitnehmer sagen wollen, dann war es ein falscher Eindruck. Das nehme ich dann zurück." Nach Bedauern klang das nicht. Westerwelle nutzte die Gelegenheit, um Lafontaine und Fischer in eine gemeinsame Ecke zu stellen. Der FDP-Chef bat die beiden: "Können wir vielleicht nicht über Ihre gestörte Zweierbeziehungen reden, sondern darüber, was die Zuschauer interessiert?" Kommt es zur großen Koalition, werden sich Fischer, Lafontaine und Westerwelle gemeinsam in der Opposition wiederfinden.

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