Die Saubermänner der Nation: Japans Regierung vertraut Tepco

Wie ein Mantra wiederholen Behördenvertreter, man vertraue Tepco. Der Fukushima-Betreiber tue das Bestmögliche. Und habe sich vom Skandal-Konzern zum transparenten Unternehmen gemausert. Ob das der Wahrheit entspricht, wird wohl erst in Monaten oder Jahren klar.

Tokio. "Die lügen doch", entfährt es dem Besucher aus Deutschland angesichts der jüngsten Nachrichten über die radioaktive Strahlung aus dem Kernkraftwerk Fukushima. Gemeint sind die Manager des japanischen Atomkraftwerk-Betreibers Tepco. Jenes skandalumwitterten Unternehmens, dem die Atomruine an der Küste gehört und das nun dafür sorgen soll, dass die Lage nicht völlig außer Kontrolle gerät.

Seit zwei Wochen kämpfen Mitarbeiter des größten Atomkonzerns des Landes und von Vertragsunternehmen angeheuerte Mitstreiter darum, die Atomruine unter Kontrolle zu bringen. Bislang ohne entscheidenden Erfolg. Hidehiko Nishiyama kann das nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegenteil: Der Sprecher der japanischen Atomsicherheitsbehörde NISA hat einen Tag, nachdem drei Arbeiter wegen Versäumnissen der Einsatzleitung verstrahlt wurden, nur Erfreuliches über Tepco zu sagen.

Es stimme zwar, so räumt Ni-shiyama auf einer Pressekonferenz ein, dass Tepco in der Vergangenheit nicht immer ordnungsgemäß Daten bekanntgegeben habe. "Aber Tepco hat viel aus dieser Erfahrung gelernt", beteuert der stets korrekt in blau-weißer Dienstjacke auftretende Beamte. So wie bei seinen täglich im Fernsehen übertragenen Lageberichten zeigt Nishiyama keine Regung.

2002 waren fünf Spitzenmanager des Unternehmens zurückgetreten. Tepco hatte zugeben müssen, mehr als zehn Jahre lang systematisch Inspektionsberichte über Risse in Atomreaktoren gefälscht zu haben. Dabei ging es unter anderem um Probleme bei den Rohren für den primären Kühlwasserkreislauf der Reaktoren.

Indem die Schäden vertuscht wurden, konnten die Atomkraftwerke ohne kostspielige Reparaturen weiter am Netz bleiben. Die Regierung wurde schließlich von einem Mitarbeiter des mit den Prüfungen beauftragten Unternehmens informiert. Die Öffentlichkeit aber wurde von den Behörden anschließend über die Betrügereien im Unklaren gelassen.

Jetzt sei das alles anders, versichert Nishiyama. Zwar wurden am Vortag drei Arbeiter eines Vertragsunternehmens ohne nochmalige Strahlenprüfung und ohne ausreichende Schutzstiefel in ein Turbinengebäude geschickt, in dem hochgradig radioaktives Wasser steht. Für den Vize-Generaldirektor der Behörde ist das aber kein Grund, Tepco von der Führung des Katastropheneinsatzes in Fukushima zu entbinden. "Ich möchte, dass Tepco äußerste Anstrengungen unternimmt, das Atomkraftwerk zu stabilisieren." Erst wenn dies geschafft sei, werde man jeden einzelnen Vorgang durchgehen - und dann auch über Verantwortung sprechen.

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