"Es kann keinen Rabatt geben"

Berlin · Beim Thema Demokratie und Rechtsstaatlichkeit darf es nach Ansicht des Vizepräsidenten der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, David McAllister (CDU), für Ankara keinen Rabatt geben. Gleichwohl sei die Türkei ein Schlüsselland zur Lösung der Flüchtlingsfrage, so der frühere niedersächsische Ministerpräsident im Gespräch mit dem Volksfreund.

Mit David McAllister (Foto: dpa) sprach unser Berliner Korrespondent Hagen Strauß.

Herr McAllister, hat Europa eine andere Wahl, als den Forderungen der Türkei zuzustimmen?David McAllister: Auch wenn noch nicht alle Fragen geklärt sind: Die Ergebnisse des Sondergipfels sind ein wichtiger Schritt hin zu einer europäischen Lösung der Flüchtlingskrise.

Sie zeichnen einen nachvollziehbaren Weg, wie die EU ihre Außengrenzen schützen, den Schleppern das Handwerk legen und ihrer humanitären Verantwortung nachkommen kann.
Anders gefragt: Macht Europa sich erpressbar?
McAllister: Die Türkei ist ein Schlüsselland in der Flüchtlingsfrage. Auf der anderen Seite bleibt es dabei: Für eine Annäherung an die EU sind tatsächliche Fortschritte bei Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie Medien- und Meinungsfreiheit notwendig. Das ist gegenwärtig nicht der Fall.

Wie stehen Sie zu Ankaras Wunsch, neue Verhandlungen für den EU-Beitritt zu eröffnen?
McAllister: Die Öffnung von Beitrittskapiteln kann ein Hebel sein, um Reformen positiv zu unterstützen. Soll heißen: Die Eröffnung ist das eine, viel anspruchsvoller ist es, die entsprechenden Kapitel wieder zu schließen. Das geht nur, wenn alle Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sind. Das muss die Türkei wissen, und bei dieser Frage kann es keinen Rabatt geben. Die Frage eines EU-Beitritts der Türkei stellt sich nicht.

Sind Sie für Visaerleichterungen?
McAllister: Eine Visaerleichterung darf es nur geben, wenn die Türkei die Voraussetzungen dafür erfüllt. Es kommt sehr auf die Details an. Aus Sicht der Türkei ist das Anliegen nachvollziehbar. Denn sie ist der einzige EU-Beitrittskandidat, der nicht von Visa erleichterungen profitiert.

Ein Einigung mit der Türkei ist das eine, die Verteilung der Flüchtlinge in der EU das andere. Sehen Sie da Fortschritte?McAllister: Ja. Es gibt unterschiedliche Positionen zwischen den Mitgliedstaaten. Nun gilt es, die Differenzen zu beseitigen. Ich bin zuversichtlich. Denn alle Staaten teilen das Ziel, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren und den Schleppern das Handwerk zu legen. Nun sollten auch alle einen Beitrag leisten.

Am Ende wird es bei der Flüchtlingsverteilung auf freiwillige Kontingente hinauslaufen, oder?
McAllister: Schaut man sich die Beschlüsse aus dem letzten Jahr an, haben sich bis auf Ungarn und die Slowakei alle Staaten dazu bekannt, sich an einer solidarischen Lösung zu beteiligen. Beim Sondergipfel haben alle Staats- und Regierungschefs die türkischen Vorschläge willkommen geheißen. Kein Mitgliedstaat sollte sich nun seiner europäischen Verantwortung entziehen. has

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