Im zweiten Anlauf auf die Anklagebank

Der Fall sorgte im Sommer bundesweit für Empörung: Ein Mann missbraucht zwei kleine Jungen und stellt Aufnahmen davon ins Internet. Ab Anfang nächsten Jahres muss sich der mutmaßliche Täter in Trier vor Gericht verantworten. Der 38-jährige Eifeler hatte sich selbst der Polizei gestellt.

Trier. Wer auf die wöchentlich erscheinende Terminübersicht des Trierer Landgerichts schaut, dem fällt auf: Es gibt kaum eine Woche, in der nicht das Thema Drogenhandel eine große Rolle spielt und das Thema Kindesmissbrauch. Der für Anfang nächsten Jahres angesetzte Missbrauchsprozess dürfte allerdings etwas Besonderes sein - zumindest für Trie rer Verhältnisse. Denn selten zuvor ist ein Missbrauchsfall schon vor der Verhandlung auf ein derart großes Medien interesse gestoßen wie der des mutmaßlichen Kinderschänders Christoph G.

Ausbilder in Turnvereinen und im Spielmannszug



Der Hauptgrund: Nach dem zunächst noch unbekannten Mann aus der Eifel war Anfang August in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" bundesweit gefahndet worden, nachdem Ermittlern von einem Journalisten mehrere Missbrauchs-Videos zugespielt worden waren. Sie zeigen unter anderem die Vergewaltigung zweier kleiner Jungen.

Weil zum damaligen Zeitpunkt sowohl Opfer wie auch Täter unbekannt waren, entschlossen sich die Ermittler, die natürlich zensierten Videos auszustrahlen. Schon am Tag nach der Aktenzeichen-Sendung stellte sich der mutmaßliche Täter im bayerischen Sonthofen der Polizei. Der 38-jährige Mayener hatte dort zuletzt als Kellner gejobbt. Die Fahnder wären dem Eifeler wohl auch so rasch auf die Schliche gekommen. Denn auch die Mutter der beiden Missbrauchsopfer, zweier zur Tatzeit in der Verbandsgemeinde Kelberg (Vulkaneifelkreis) wohnenden Zwillingsbrüder, meldete sich nach der Sendung bei der Polizei.

Wie sich später herausstellte, waren die heute elfjährigen Brüder nicht die einzigen Opfer des mutmaßlichen Kinderschänders. An mindestens drei weiteren Jungen soll sich Christoph G. in den letzten sieben Jahren vergangen haben. Gelegenheit dazu hätte der einst von Leipzig nach Mayen gezogene Mann reichlich gehabt: Nach Erkenntnissen der Ermittler war er zwischen 1991 und 2009 Übungsleiter in diversen Turnvereinen in Mayen und Kaisers-esch und als Mitglied eines Spielmannszugs Ausbilder von Kindern und Jugendlichen.

Ob es in dieser Zeit zu weiteren Übergriffen kam, ist noch nicht abschließend geklärt. Nach Angaben des Leitenden Trierer Oberstaatsanwalts Jürgen Brauer dauern die Vernehmungen des Bundeskriminalamts an. "Bislang haben wir aber keinen weiteren Verdachtsfall", sagt Brauer. Triers Chef-Ermittler hatte sich nach der Festnahme des Angeklagten gegen Vorwürfe zur Wehr setzen müssen, seine Behörde habe Christoph G. wesentlich früher aus dem Verkehr ziehen können. Denn der Mayener war vor drei Jahren schon einmal in den Fokus der Fahnder geraten, nachdem ein Nachbar der Zwillingsbrüder die Polizei auf einen möglichen Missbrauch aufmerksam gemacht hatte. Mangels Tatverdachts wurde das Verfahren nach einigen Monaten aber wieder eingestellt. Die Zwillinge seien "von ihren ursprünglichen, den Angeklagten bela stenden Angaben wieder abgerückt", sagt Brauer. Brauer und der für die Ermittlungen zuständige Staatsanwalt Stephane Parent dürften indes zufrieden sein, dass sie den Mann, den die Trierer Staatsanwaltschaft einst ungeschoren davonkommen ließ, jetzt doch noch auf die Anklagebank bekommen haben. Für den am Montag, 4. Januar, beginnenden Prozess sind fünf Verhandlungstage anberaumt.

Weil erneut mit einem großen Ansturm der Medien gerechnet wird, müssen sich Journalisten schon jetzt anmelden. Dabei findet der Prozess nach Angaben des Vorsitzenden Richters möglicherweise weitgehend hinter verschlossenen Türen statt - zum Schutz der mutmaßlichen Opfer.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort