Keine Opposition, nirgendwo

Jetzt könnte durchregiert werden, so wie Angela Merkel es wollte. Die Verhältnisse zwischen Bundesrat und Bundestag sind geklärt. Die FDP hat ihre einzige Trumpfkarte verloren, nämlich die Möglichkeit im Bundesrat wenigstens Verfassungsänderungen zu blockieren.

Sie kann schon bei der Föderalismusreform nicht mehr mitpokern. In beiden Kammern können CDU und SPD jetzt allein alles durchsetzen, was sie wollen. Keine ernst zu nehmende Opposition mehr, nirgendwo. Wenn es denn der Wunsch nach politischer Klarheit war, der die Wähler gestern geleitet hat, dann ist dieses Ziel erreicht. Das zweijährige Zeitfenster bis zu den nächsten wichtigen Landtagswahlen im Frühjahr 2008 sollte eigentlich ausreichen, um Großes auf den Weg zu bringen. Und das versprechen die Hauptakteure der großen Koalition ja auch. Aber ach, zwei Seelen wohnen in ihrer Brust. So wie ein Dortmunder nie Schalke-Fan werden wird, wird aus CDU und SPD kein Bündnis werden. Die große Koalition ist eine misstrauische Zweck- und Zwangsgemeinschaft. Seit dem gestrigen Wahlsonntag gilt das mehr denn je. Denn als Zwischenzeugnis taugt das Ergebnis für niemanden. Die SPD hat in Magdeburg zwar eine Regierungsbeteiligung dazu gewonnen und in Mainz reüssiert, aber in Baden-Württemberg eine Klatsche bekommen. Die Union hat Stuttgart und Magdeburg verteidigt, aber in Rheinland-Pfalz viele Wähler und einen Spitzenkandidaten eingebüßt. Beide Seiten können Siege hier oder da für sich beanspruchen. Bei Bundestagswahlen geht das nicht. Deshalb ist der Satz, eine gute Regierungsarbeit in Berlin nütze am Ende beiden Parteien, ein Ammenmärchen. Er wird von der Basis auch nicht geglaubt. Das verdeckte Tauziehen um die künftige Ausgangsposition wird nach diesem Wahlsonntag an Verbissenheit eher zunehmen. Die große Koalition wird eine Regierung der kleinen Führungszirkel werden, in denen Kompromisse geschmiedet werden. Diese Kompromisse werden dem Volk als große Würfe verkauft und sicher auch entschlossen umgesetzt werden. In dieser Woche schon, bei der Gesundheitsreform, wird man es sehen. Bei dieser Art von Durchregieren wird mancher Wähler das Fehlen klare Alternativen und einer offenen Debattenkultur dereinst noch so manches Mal bedauern. nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort