Krasse Musik – konkret verboten

TRIER. Eine "neue deutsche Welle" (so der Titel des aktuellen Albums des Berliner Rappers Fler) schwappt durchs Land. Und zwar mit Tendenzen, die Jugendschützer immer häufiger auf den Plan rufen: Es geht rassistisch zu, Frauen verachtend und Gewalt verherrlichend außerdem. Geschmack oder Gürtellinie interessieren die Rapper nicht. Provokation und Hass lauten ihre Parolen.

Seit 2004 stehen elf HipHop-Titel auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM), bei vier Tonträgern läuft das Verfahren noch. "Die Titel stehen auf dem Index, weil sie Kindern und Jugendlichen in ihrer Entwicklung schaden könnten", so Wilfried Schneider von der BPjM in Bonn. Dazu gehört beispielsweise "Rap braucht kein Abitur" von Bass Sultan Hegzt. Einer der indizierten Titel - "King of Kingz" - stammt von dem umstrittenen Rapper "Bushido", der Ende März in Trier auftreten sollte und wegen seiner Gewalt-Texte von der Leitung des Ex-Hauses wieder ausgeladen wurde (der TV berichtete). Die Musiker eifern amerikanischen Vorbildern nach, die über das harte Leben in den Ghettos texten. Deshalb kommt der Gangster-Rap - unter anderem vom Label "Aggro Berlin", von dem mehrere CDs auf dem Index stehen - besonders bei den Jugendlichen gut an, die in sozial schwachen Familien leben. Aggressionen, Hass und Provokation sind die Parolen der Musiker. Frauen und Ausländer werden diskriminiert, Drogen und Gewalt verherrlicht. Die Sprache ist so direkt, "krass" und unverblümt, dass sie zum Abdruck in der Zeitung nicht taugt. Selten kommt ein Text ohne Schimpfwörter oder obszöne Ausdrücke aus. Die Jugendschützer sind alarmiert: Selbst in ihrem Weltbild gefestigt erscheinende Kinder und Jugendliche könnten dadurch negativ beeinflusst werden. "Dazu kommt, dass das Medium Musik ganz besonders gut geeignet ist, Meinungen oder Einstellungen in die Köpfe der Menschen zu pflanzen", erklärt Wilfried Schneider.Jugendliche fühlen sich bestätigt

Auch nach Trier schwappt diese Welle. Viele Jugendliche fühlten sich bestätigt in ihrem Hass, die Texte "sprechen ihnen aus der Seele", berichtet Erzieherin Christina Mettlach. Die Inhalte seien "Gift für die Ohren, Gift für die Sinne und Gift für das Herz der Jugendlichen", sagt die Pädagogin. Statt den Abbau von Frustration bei den Jugendlichen zu fördern, schwäche sie beispielsweise mit Frauen verachtenden Botschaften das Selbstwertgefühl der Mädchen. Deshalb konfrontieren Pädagogen, beispielsweise im Trierer Exzellenz-Haus, die Jugendlichen mit den Texten, um ihnen einen kritischen Umgang näher zu bringen. Viele Jugendliche hingegen wenden sich von selbst von der Musik ab, wenn sie sich damit bewusst auseinander setzen, so die Erfahrung der Pädagogen. Die Verteidiger der Musik argumentieren, dass die Rapper lediglich ihren Alltag und ihre soziale Realität darstellten, dass sie Frust und mangelnde Perspektiven wiedergäben. Mit einer anderen Wortwahl verlören die Texte an Authentizität. Häufig benutzten die Rapper nur Floskeln, die kaum wortwörtlich genommen werden dürften. Die Pädagogen wissen, dass eine "Erhobener-Zeigefinger-Pädagogik" wenig bringt. "Es ist eine Gratwanderung", sagt Jutta Kap, Leiterin des Horts im Exzellenzhaus. Es stehen sich Toleranz und der Raum für eine freie Kultur und der Schutz der Jugendlichen gegenüber.

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