Schlaumeier gegen Holzköpfe

Die Wirtschafts- und Finanzkrise ist nach Ansicht von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) bei weitem noch nicht ausgestanden. Am Freitag debattierte der Bundestag in erster Lesung das 50-Milliarden-Euro-Konjunkturpaket II.

Berlin. Im Bundestag ging es gestern verbal nicht gerade zimperlich zur Sache: "Sie sind überhaupt ein ziemlicher Schlaumeier", spottete Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) über Oskar Lafontaine. Mit puterrotem Kopf bedankte sich der Linksfraktions-Chef dadurch, dass er Steinbrück "Dummheit und Holzköpfigkeit" vorwarf. Und Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach sogar vom "Kasperletheater" im Hohen Haus. Die erste Lesung des Konjunkturpakets II erhitzte wie erwartet die Gemüter. Steinbrück räumte ein, dass es für die "atemlose" Entwicklung der vergangenen Monate "kein politisches Drehbuch" gegeben habe. Angesichts der vielen gegensätzlichen Empfehlungen von Wirtschaftsexperten habe die Regierung ihren "eigenen Kompass" finden müssen. 50 Milliarden Euro umfasst das zweite Konjunkturpaket, es sei darum gegangen, ein Maßnahmenbündel zu finden, um auf die "schwerste Rezession seit Gründung der Bundesrepublik" zu reagieren, befand der Minister.

Drei Krisen seien aufeinander gestoßen: Eine weltweite Rezession, die Deutschland wegen seines 40-prozentigen Exportanteils besonders hart treffe; eine Finanzmarktkrise, bei der "längst noch nicht ein Licht am Ende des Tunnels" zu sehen sei, und schließlich ein radikaler Einbruch bei der Autoindustrie, von der hierzulande jeder achte Arbeitsplatz abhänge. Neben der Sicherung des Finanzmarktes sei es das Ziel, dem "riesigen Nachholbedarf" bei den öffentlichen Investitionen zu entsprechen, Konjunkturimpulse zu setzen und das Vertrauen der Bürger wieder herzustellen. "Das ist gelungen", lautete Steinbrücks Fazit.

Der Chef der Linken, Oskar Lafontaine, erhob hingegen schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. "Diese Regierung veruntreut Steuergeld", rief er lauthals. Wenn man einer Geschäftsbank wie der Commerzbank 18 Milliarden Euro "rüberschiebt", müsse kontrolliert werden, was mit dem Geld geschehe. Es sei nicht gesichert, ob die Bank das Geld außerhalb der Bilanz verwende, wieder "Schrott" einkaufe oder es in Steueroasen weiterleite. FDP-Mann Rainer Brüderle schimpfte, die Große Koalition habe vier Jahre lang die Ausgaben erhöht, den Bundeshaushalt aufgebläht und die Strukturen nicht verbessert. Das Paket sei "zögerlich, kleinteilig und diffus"; er forderte "dauerhafte und deutliche Steuersenkungen für alle".

Am 13. Februar soll das Paket vom Parlament endgültig verabschiedet werden, am 20. Februar tagt dann der Bundesrat in einer Sondersitzung dazu. Der Grüne Jürgen Trittin warf Steinbrück vor, mit dem Banken-Rettungspaket im Herbst "Geld verbrannt" zu haben. Das nun geplante zweite Konjunkturpaket nannte er falsch und unzureichend. Allerdings bekräftigte Trittin, dass die Landesregierungen mit grüner Beteiligung in Hamburg und Bremen im Bundesrat zustimmen wollen, um für ihre Länder Hilfen zu sichern. Wegen der nicht einheitlichen Haltung der Grünen erntete er jedoch einigen Spott.

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