Seltener Gefühlsausbruch

Es war das erste Mal, dass Amerikas Öffentlichkeit den neuen Präsidenten zornig erlebte — und es war ein bestens inszenierter Augenblick für die Journalistenschar, die sich im "Oval Office" drängte: Barack Obama hat die amerikanischen Banker öffentlich wegen ihrer Bonusauszahlungen in Milliardenhöhe kritisiert.

Washington. (die) "Schändlich" und ein "Ausbund an Unverantwortlichkeit" sei, was er aus der Zeitung erfahren habe, wetterte Barack Obama am Donnerstagabend Ortszeit: Dass sich nämlich die Manager der kränkelnden US-Bankkonzerne trotz der Krisen auch für 2008 Jahresend-Bonuszahlungen in Höhe von fast 20 Milliarden Dollar genehmigt hatten. Es war die sechsthöchste Prämien-Ausschüttung in der Geschichte der Wall Street — ausgerechnet zu einer Zeit, wo dem amerikanischen Steuerzahler für das Überleben dieser Institute erneut tief in die Tasche gegriffen wird. Denn Barack Obama und seine Berater haben bereits in Aussicht gestellt, dass neue Zuschüsse für die Finanzbranche notwendig werden, die insgesamt eine Summe von bis zu zwei Billionen Dollar überschreiten könnten.

Bei der künftigen Strategie will man jene Fehler vermeiden, die sich Ex-Präsident Bush und sein Finanzminister Henry Paulson bei der Verabschiedung des 700-Milliarden-Dollar-Rettungspakets geleistet hatten: Wie beispielsweise das Versäumnis, eine klare Verpflichtung der Banken zur Kreditvergabe festzuschreiben oder die Verwendung staatlicher Hilfsgelder stärker zu reglementieren.

Für ein Anziehen der Daumenschrauben hat Obama, der sich in der nächsten Zeit führende Banker höchstpersönlich zur Brust nehmen will, allen Grund: John Thain, Ex-Vorstandschef des mittlerweile von der "Bank of America" geschluckten hoch verschuldeten Traditionshauses Merrill Lynch, gab beispielsweise im vergangenen Jahr 1,2 Millionen Dollar aus, um sein Büro zu verschönern. Das Tüpfelchen auf dem "i" waren Berichte, denen zufolge Thain noch Bonuszahlungen in Höhe von vier Milliarden Dollar veranlasste — nur wenige Tage, bevor Merrill Lynch von der "Bank of America" übernommen wurde.

Auch die am staatlichen Tropf hängende Citigroup gab sich zuletzt nicht gerade kostenbewusst. Sie hatte einen 50 Millionen Dollar teuren Firmenjet bestellt, der jetzt ausgeliefert werden sollte. Erst als das US-Finanzministerium davon Wind bekam und Politiker Druck machten, stornierte die Bank diesen Auftrag.

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